Teneriffa im Winter

Tag 1: Die Anreise

Das hat man nun davon!
Endlich wieder Urlaub und dann sowas…

Ich schwöre hiermit, dass ich nie wieder selbst eine Urlaubsreise zusammenstellen werde!
Ja, ich war verwöhnt von den tollen Reisen mit den tollen Reisebussen und den tollen Reiseleitern in sehr vielen Regionen dieser immer kleiner werden Welt. Ob Russland, China, Afrika, Zypern, die USA, die Karibik oder sonst wo auf dieser Welt. Ich konnte mich darauf verlassen, dass da irgendwo ein Bus stand, der mich mitnahm, der mein Gepäck hütete, zu dem ein Reiseleiter gehörte, der die Geschichte des jeweiligen Landes selbst volltrunken einwandfrei daher lallen konnte. Dazu gehörten Hotels mit richtigen Betten, Essen vom Feinsten und Getränke bis zum Abwinken. Ich musste ja nicht fahren.

Und jetzt das.

Ich hatte zehn freie Tage in meinem Terminkalender entdeckt. (Ja, die Jobs laufen auch nicht mehr so dolle wie früher..) Meine Wahl fiel auf Teneriffa. Dort sollte es selbst im November noch ordentlich warm sein. Ich fragte niemanden, welches Hotel man wählen sollte, welcher Teil der Insel was taugt und welche Städte man auf jeden Fall vermeiden sollte. Ich glaube, ich war ein paar Jahrzehnte früher schon mal hier, kann mich aber an gar nichts erinnern. Jedenfalls an nichts, was mich hier erwartet hat.

Es ging schon damit an, dass man am Frankfurter Flughafen inzwischen drei Stunden vor dem Start der Maschine antanzen muss. Das bedeutete, dass mich um 7:15 Uhr ein Taxi zum Terminal 2 kutschierte. 7:15 Uhr! Das bedeutet, um 6:30 Uhr spätestens aufzustehen! Um trotz gestelltem Wecker das Taxi nicht zu verpassen, wachte ich natürlich schon um fünf Uhr auf. Erst kurz vor dem Wecken war ich dann endlich wieder eingeschlafen. OK, das sind Probleme eines Nachtmenschen, der morgens grundsätzlich zu nichts zu gebrauchen ist. Aber wenn die ganze Quälerei wenigstens einen Sinn gehabt hätte! Denn im Terminal 2 stand ich erst mal ganz lange blöd rum, bis sich die Schlange langsam auffüllte. Sie wurde auch nicht kürzer, weil am Schalter genau NIEMAND seinen Dienst verrichtete. Die Jungs und Mädels in verdächtig jungem Alter kamen erst eine ganze Stunde später zur Arbeit. Und dann sortierten sie auch noch die Schlange dreimal um, bis ich vom ersten Platz auf Position 23 gerutscht war. Habe ich nachgezählt.

Als bevor ich dann endlich dran war, war das Transportband für die Koffer kaputt. Ich wartete geduldig weitere 15 Minuten, bis ein noch jüngerer Mitarbeiter den richtigen Netzschalter betätigte und der Transport wieder lief. Inzwischen gibt es anscheinend keine Flugtickets mehr. Mein Name stand in deren Computer – das sollte reichen. Immerhin bekam ich eine Boarding-Card. Die musste ich einmal kurz vorzeigen, bevor ich alle Taschen ausleerte und mein Handgepäck filzen ließ. Bis zum Abflugschalter waren es einige Kilometer Fußmarsch, aber ich schlenderte gemütlich hin, denn erwartungsgemäß war da auch noch niemand.
Ich war um 7:45 Uhr vor Ort und flog erst um 11.05 Uhr ab! Eine halbe Stunde vorher hätte in diesem Fall voll gereicht. Blöderweise hatte ich auch noch einen Fensterplatz…

Blick vom Speisesaal auf den Pool

Wenn ich die Reisebeschreibung gründlicher gelesen hätte, wäre mir auch aufgefallen, dass der Flieger nur bis Madrid flog. Nach knapp drei Stunden stand ich wieder auf einem Flughafen und lief die 4 Kilometer bis zum neuen Abflugschalter nun schon mit etwas mehr Karacho, denn der Anschlussflug nach Teneriffa war ziemlich dicht dran. Ich hätte nicht rennen müssen, denn auch dieser Flieger (wieder eine Boing 737) musste noch repariert werden (wie üblich), bevor er mit einer über einstündigen Verspätung nun endlich nach Teneriffa abhob. Ich hatte leider schon wieder einen Fensterplatz. In der langen Zeit, die wir im Flieger saßen und auf die Starterlaubnis warteten, hatte ich genügend Zeit, mir mal Gedanken über einen Mietwagen zu machen. Ich hatte vor, die gesamte Insel kennenzulernen – und das ging nun mal nicht zu Fuß.

Mietwagen soll man ja nach landläufiger Meinung besser vor Ort buchen als schon beim Abschluss des Reisevertrags. Warum? Na ja, irgendwo verdient immer jemand was mit, so dass die Kosten für eine Woche Mietwagen auf Teneriffa bei Vorab-Buchung so um die 800.- Euro lagen. Über mein Handy fand ich einen Vermieter, der die vollen 10 Tage für 830.- Euro anbot – also durchaus ein Schnäppchen. Schwupps, gebucht. Leider klappte das online mit meiner nagelneuen VISA-Karte nicht. Ich musste den Betrag mehrfach mit einem zugesandten Code und einem privaten Passwort genehmigen. War aber nicht möglich. Beim fünften Mal hat der Kutschenverleiher die Buchung abgebrochen. Das wird kreditkartenmäßig üble Konsequenzen haben, liebe VISA-Leute! Also einen zweiten Versuch mit einem Vermittler aus München probiert. Auch hier endete die Buchung negativ. Diesmal wollte der Vermittler die Kohle SOFORT überwiesen haben, sobald der Mietwagenverleiher ein Auto aufgetrieben hatte. Dann hätte ich einen „Voucher“ per Mail erhalten, mit dem ich die Kiste ausleihen hätte können. Dummerweise hatte das Flugzeug inzwischen Madrid verlassen, sodass mich die Mail mit der Rechnung erst nach der Landung auf Teneriffa erreichte. So lange wollte der Vermieter nicht ins Risiko gehen – also stornierte der Vermittler das Auto. Ich hatte also immer noch kein Auto, aber auch kein Geld verloren. Wenigstens etwas.

Im Grunde genommen habe ich damit ein Riesenglück gehabt. Denn ich war die ganze Zeit davon ausgegangen, dass mein zweiter Flieger mich auf Teneriffa SÜD absetzt. So stand es jedenfalls in den Reiseunterlagen der Firma „Schauinsland“, die mir die Reise im Internet angeboten hatte. Vom Flughafen „SÜD“ bis zu meinem Hotel im Norden waren es lt. Google Maps mit dem Auto ca. 1,5 Stunden Fahrt, mit dem Bus ca. 2,5 Stunden und zu Fuß sieben Tage oder so. Aber da sich während des Fluges immer mehr herauskristallisierte, dass es auf Teneriffa auch noch im Norden einen Flughafen gibt, hätte ich mit dem Auto im Süden kaum was anfangen können – zumal ich den Wagen auch dort wieder hätte abgeben müssen.

Dann sind wir endlich auf Teneriffa NORD gelandet. Die Einreise gestaltete sich sehr problemlos. Ich musste nicht einmal einen Pass oder Ausweis vorzeigen. Und da auch mein Koffer tatsächlich als dreiundzwanzigster auf dem Kofferband lag (ich habe natürlich nachgezählt!), hatte ich bis zu meiner nun alternativ geplanten Busreise vom Flughafen bis nach Puerto de la Cruz noch reichlich Zeit. Zeit, in der mir die kleinen Geschäfte der lokalen Autovermieter in der Ankunftshalle immer wieder auffielen. Mindestens zehn Händler, überall tote Hose. Also versuchte ich mein Glück erneut, diesmal bei einem Anbieter namens „Top-Car“. Und nun kommts: Hier kosteten die zehn Tage insgesamt nur noch 527.- Euro, inklusive sämtlicher denkbaren Versicherungen und der obligatorischen Mehrwertsteuer. Da habe ich sofort zugegriffen. Weil auch hier meine nagelneue VISA-Karte schlichtweg abgelehnt wurde (Ich bin so sauer!!!), habe ich die Buchung über meine Apfel-Uhr mit ApplePay bezahlt. Das funktioniert inzwischen weltweit fast überall. Der Wagen stand direkt vor dem Terminal und war halb vollgetankt.
Supi! So langsam begann sich doch endlich, ein Urlaubsgefühl einzustellen. Der Urlaub im Hotel „Atlantic El Tope“ mit all seinen vier Sternen war zum Greifen nah. Inzwischen war es dunkel geworden, obwohl die Zeit hier auf Teneriffa eine Stunde vorgedreht wurde. Im Dunkeln in fremden Ländern Auto zu fahren, ist eine kleine Herausforderung. Dank des gesundheitsfördernden Tempolimits von maximal 80km/h kam ich – einige Umwege in Kauf nehmend – dann endlich in Puerto de la Cruz an. Ich hatte da so an ein kleines Fischerdörfchen mit einer Hauptstraße und drei Nebenstraßen gedacht, aber da war ich natürlich auch völlig falsch informiert. Obwohl – 32.000 Einwohner sind nun auch nicht gerade eine Großstadt. Dass mir die Stadt mindestens so überlaufen wie Madrid vorkam, lag wohl an den vielen Touristen und den vielen kleinen Straßen nebst ständigem Stop-and-Go-Verkehr. Egal. Im dritten Anlauf fand ich dann endlich das Hotel. Leider wurde die Tiefgarage des Hotels gerade einem „Update“ unterzogen, und leider gab es vor dem Hotel nur etwa 15 Parkplätze, die natürlich besetzt waren. Ich fand eine Stelle ganz am Rand, so ein kleines bisschen im absoluten Halteverbot, aber was sollte ich machen? Ich musste erst mal einchecken. Vielleicht gab es ja ein Ersatzparkhaus? Spoiler: GAB ES NICHT!

Ich bekam das Zimmer mit der witzigen Nummer 007 zugeteilt, die vom Level der Rezeption aus gesehen noch vier Stockwerke weiter unten lag. Dennoch hauste ich nicht im Keller, sondern hoch über der Stadt. Irgendwie ist das schwer zu verstehen, wenn man nicht vor Ort ist, aber das liegt wohl daran, dass es in diesem Städtchen so gut wie keine waagrechten Straßen gibt. Entweder es geht bergauf oder es geht bergab. Ebenerdig ist hier gar nix. Und weil das Hotel eben auch an einen Felsen gebaut wurde, war mein drei Stockwerke tiefer gelegenes Zimmer immer noch hoch über der Stadt. Verstanden? Ich auch nicht, ist aber so. Ich sollte die Bodenbeschaffung nach dem Einchecken noch am selben Abend schmerzhaft erfahren, denn ich konnte mein Auto beim besten Willen nicht da lassen, wo ich es abgestellt hatte. Als ich rauskam, war der Portier gerade dabei, den Abschleppwagen anzurufen. Also musste ich einen Parkplatz finden! So etwas gibt es in dieser Stadt nicht. Nein, es gibt natürlich schon welche, aber wer jemals einen Parkplatz ergattert hat, gibt den nie im Leben wieder her. Auf Teneriffa gibt es doppelt so viele Autos wie Menschen! Kein Witz, weiß ich aus berufener Quelle. Ich brauchte 20 Minuten, bis ich – viele hundert Meter entfernt – endlich einen freien Platz fand. Der Weg zurück dauerte nochmal 40 Minuten, Verlaufen eingeschlossen. Trotz Google-Maps fand ich ziemlich lange das Hotel nicht wieder. Endlich angekommen, hatte ich nun nur noch eins: HUNGER! Zum Glück war das Restaurant noch geöffnet. Und hier gab es eine positive Überraschung: Das Essen war richtig gut! Der Wein ebenfalls, und die Kosten (15.- Euro für das Buffet und 9.- Euro für einen halben Liter Weißwein) waren absolut akzeptabel.

Im Restaurant.

Nun sitze ich noch an der Bar und hämmere diese ersten Eindrücke in die Tasten meines MacBooks. An den Tresen stehen peinliche ältere Österreicher (sind wahrscheinlich jünger als ich) und saufen sich mit Longdrinks die Hucke voll. Um die Ecke kämpft eine blonde Sängerin mit akzeptablem Können um Aufmerksamkeit, aber keiner schaut zu. Ich habe mir noch ein Glas Wein bestellt. Ist ja Urlaub.

Wie soll das weiter gehen? Wie werde ich das Auto wieder los? Was will ich eigentlich hier?
Ich werde morgen früh mal in Ruhe die touristischen Ratgeber aus dem Internet studieren. Und mich ärgern, keinen Bus mit Reiseführer gebucht zu haben…

Tag 2: Jetzt geht es endlich richtig los!

So gegen halb neun Uhr beschloss ich, das Rumliegen im Bett zu beenden und den Tag positiv anzugehen. Ich nutzte also das großzügige Bad mit seiner ebenerdigen Dusche, seifte mich mit dem hoteleigenen Duschgel ein und roch dann ganz lieblich. Das Zimmer war ziemlich groß und hatte einen Boden aus echtem Eichenholz-Imitat. Ein 43-Zoll-Fernseher ließ sich mit der Fernbedienung weder ein- noch ausschalten, aber nach Fernsehen war mir natürlich um diese Zeit sowieso nicht zumute. Kurzbehost und mit Polohemd bedeckt besuchte ich erneut den Speisesaal. Und ja, auch das Frühstück war meiner eigenen Kochkunst meilenweit voraus. Es gab praktisch alles. Alles inklusive.
Frisch gestärkt wollte ich mich nun auf die Suche nach meinem Auto machen, denn zum Abstellen war die Miete für die Kiste dann doch zu teuer. Nach intensivem Kartenstudium fand ich eine vermeintliche Abkürzung zu der Straße, wo ich das Gefährt vermutete. Ein kleiner Weg mit ca. 45% negativer Steigung. Es ging also praktisch senkrecht bergab. Und da merkte ich schon, dass meine Laufwerkzeuge nicht mehr auf dem neuesten Stand waren. Ich wurde sogar von Rentnern überholt! Ich tastete mich langsam, aber unsicher den knappen Kilometer bis zum Hafen von Puerto e la Cruz vor – sehr zur Freude des Schrittzählers in meiner Apfel-Uhr. Das Auto hatte ich irgendwann vergessen.

Und irgendwie machte es dann „Klick!“ und ich war im Urlaub! Der Hafen, in dem es gerade mal zwei Schiffe zu sehen gab, machte einen überaus tollen Eindruck. Menschen wuselten durch die Gegend, Geschäfte offerierten so ziemlich alles, was man nicht braucht; Kneipen, Cafés und Restaurants lockten mit allerlei Köstlichkeiten – und dazu fing die Sonne an, uns Touristen voll zu brutzeln. 22 Grad waren es schon, die sich bis auf 26 Grad steigern sollten. Klingt jetzt gar nicht mal so dolle, aber wenn man zwei Tage vorher noch dicht am Glatteis war, war das wie ein Hauptgewinn im Lotto. Ich bummelte stundenlag am Meer entlang – nahm zwischendurch einen „Café Macchiato“ ein – und freute mich über die vielen Menschen, die anscheinend glücklich durch die Gegend liefen. Leider fiel mir auch auf, dass ein Großteil der Leute ihr Idealgewicht schon vor langer Zeit verloren hatten. Ganz besonders schlimm war das bei noch jungen Menschen, die mit sinnlosen und wie immer potthässlichen Tätowierungen von ihren Massen ablenken wollen. Wirklich schlanke Menschen – die in meiner Jugend noch die Norm waren – gab es kaum noch.

OK, wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen, aber sooo schlimm war es bei mir ja nun auch nicht. Zudem ich gegen 14.00 Uhr laut meiner Apple-Watch auf über 8000 Schritte gekommen war. Nach einem leckeren Mittagessen in der Altstadt, das für sage und schreibe nur 15,95 Euro sowohl Vorspeisen, Suppe, Salat, Haupt- und Nachspeise sowie ein Glas Wein enthielt, tapste ich weiter durch so ziemlich jede Gasse der Hafengegend, war sogar Zeuge einer katholischen Prozession mit reichlich Personal und Sicherheitskräften. Zufällig kam ich kurz danach an einem Mini-Reisebüro vorbei, vor dem ein junger Mann andere Touristen auf Deutsch ansprach, um sie für einen Ausflug zu gewinnen. Die anderen Touristen wollten nicht, aber ich wollte! Und so kam es, dass ich in kürzester Zeit eine Tour durch die Insel buchte! Mit Bus! Und mit deutschsprachigem Reiseführer! Gleich morgen früh um acht sollte es losgehen! Und weil ich schon mal da war, habe ich auch gleich eine Eintrittskarte für den örtlichen Zoo gekauft, den angeblich größten Zoo der Welt, den „LORA-PARK“. Wir werden sehen…
Wozu um alles in der Welt habe ich ein Auto gebucht?

Den späten Nachmittag verbrachte ich dann wieder in meinem neuen „Lieblingscafé“ direkt am Strand. Bei zwei weiteren Gläsern edlen spanischen Billig-Weißweines kam ich auf eine gar nicht so blöde Idee:
Wie wäre es, wenn sich ein paar der Freundinnen und Freunde, die ich so im Laufe der letzten Jahre in Bad Homburg gefunden oder wiedergefunden hatte (die so genannte gefürchtete „Pellegrin-Gruppe“) das nächste Mal mitreisen würden? Wir könnten uns dann schon morgens am Hafen treffen und bei ein paar einleitenden Weinen die große Politik besprechen. Später – nach dem Mittagessen – könnte man unter fortgeführter Einnahme weinhaltiger Getränke (mit Eiswürfeln!) eine Weile über Krankheiten diskutieren, um dann – nach einem ausdauernden Mittagsschlaf am späten Nachmittag bei weiteren eisgekühlten Weinen die deutsche Regierung bis ins Detail auseinander zu nehmen. Die letzten Stunden des Tages mit der Diskussion um den üblichen Klatsch und Tratsch führten dann vermutlich zum Verlust der Muttersprache…
OK, war ja nur eine Idee. Die kam mir, als ich auf meinem iPad die ersten 60 Seiten des neuen „Fitzek“-Thrillers gelesen hatte. Wahnsinn färbt halt ab.

Und dann musste ich leider ein Taxi nehmen. Den Weg zurück in den Himalaya, wo irgendwo das Hotel sein musste, konnte ich unmöglich wieder zurücklaufen.

Lustig: Auf der Fahrt zum Hotel habe ich mein Auto wiedergesehen! Es stand immer noch brav da, wo ich es geparkt hatte!

Im Hotel musste ich mich dann mal für ein Stündlein hinlegen. Das Abendessen danach war noch besser als am Vorabend. Man musste sich unheimlich zusammenreißen, nicht von allen Köstlichkeiten zu naschen. Auch hier wieder: Alles für nur 15.- Euro!

Den Abschluss machte wieder der Besuch der Bar. Die Bedienung hat mich wiedererkannt und angelächelt. (Träum weiter, alter Mann!) Hier sang heute ein etwa 40-jähriger Sänger, der viele Musikrichtungen beherrschte. Er war vor allem ein guter „Elvis“-Imitator. Leider klangen dann auch alle anderen Lieder wie Elvis. Auch heute war es wieder nur eine Karaoke-Veranstaltung. Die Musik kam vom Computer, aber der Sänger war „live“. Egal, die Stimmung war gut, es wurde sogar getanzt.  Wenn das Hotel der Musikanlage dann irgendwann auch mal Basslautsprecher spendiert, kann es sogar richtig gut werden.
Aber auch ohne Bass am Abend war es einfach ein schöner Tag. Fertig.

Die Bedienung freut sich auf morgen Abend. Hat sie gesagt. Ehrlich!

Tag 3: Der große Ausflug zum Vulkan

Um genau zehn nach acht wollten mich die Reiseführer in der Nähe des Hotels abholen. „In der Nähe“ ist eine flexible Bezeichnung. Ich musste bis zum Treffpunkt schon einen ganzen Berg hochkraxeln, um mitgenommen zu werden. Der Bus – nahezu pünktlich! – war bereits voll besetzt. Der einzig freie Platz war neben einem etwa 50-jährigen Mann in Reihe vier. Insgesamt waren wir genau 39 Passagiere. Unsere Reiseleiterin – vermutlich Holländerin – sprach ein relativ ordentliches Deutsch und ein bedeutend besseres Französisch. Und so fuhren wir dann eben los. Die Reiseleiterin kam aus dem Plaudern nicht raus – ich konnte mich dem „jungen“ Mann nicht mal vorstellen. Das gelang erst später.

Ich hatte eine Rundreise über die ganze Insel gebucht. Schnell war klar, dass nur ein Teil der Insel gemeint war, und zwar der Teil, der irgendwas mit dem Vulkan „TIEDE“ zu tun hatte. Und so fuhren wir unter stetigem Geplapper von Ort zu Ort, stiegen hier und da aus, schauten uns uralte Mauern, Bäume und Kirchen an und vertraten uns die Beine. Auf Details verzichte ich hier – das vergisst man sowieso sofort wieder. Mein Schrittzähler war schon auf über 4500, lange bevor wir überhaupt auch nur in die Nähe des Vulkans kamen.
Nun muss man wissen, dass der Tiede tatsächlich noch aktiv ist. Das letzte Mal ist er vor 115 Jahren ausgebrochen – theoretisch wäre er jetzt so langsam mal wieder an der Reihe. Aber keine Angst. Moderne Technik überprüft täglich die ausströmenden Gase. Wenn sich da was Bedenkliches zusammenbraut, wird die Rundreise sicher sofort gestrichen.
Der Vulkan ist ein riesengroßer Trichter und hatte sich damals aus vielen kleinen Eruptionen aufgebaut. Lediglich der winzige „Schornstein“ am Gipfel des Tiede dampft noch vor sich hin und könnte für Ärger sorgen. Wir landeten also nicht auf dem Gipfel (in 3400m Höhe), sondern etwa 200 Meter tiefer im Krater.
In dieser Höhe war es verdammt kalt, obwohl wir der Sonne doch sehr viel näher waren – 13 bis 14 Grad, schätze ich. Ich hatte zwar eine lange Hose und eine Jacke dabei, aber gefroren habe ich doch gewaltig. Wir konnten uns übrigens die Drehorte einiger berühmter Filme ansehen, die hier im Krater gedreht wurden – darunter z. B. die „Zehn Gebote“. Ja, ich bin die Treppe auch hochgelaufen. Ganz hoch zum Vulkan durften wir leider nicht. Dazu muss man sich speziell anmelden, weil die Nachfrage viel zu hoch ist und zu viele Touristen ein Sicherheitsrisiko darstellen. Nicht für den Vulkan, sondern für die Touristen. Selbst die Seilbahn durfte nicht mehr genutzt werden, weil die Temperaturen auf dem Gipfel schon weit unter dem Gefrierpunkt waren.


Gegen 15.00 Uhr war dann Essenszeit. Dazu steuerte der Bus einen von zwei Gasthöfen an. Alles war ordentlich organisiert, und das Essen war günstig und schmackhaft. Weil mein Busnachbar so einsam am Tisch saß, habe ich mich zu ihm gesetzt. Und so kam raus, dass er zusammen mit seinem besten Freund hier gerade Urlaub macht. Er war sehr freundlich, witzig, nett und intelligent – was man nicht bei jedem Sitznachbar findet. Na ja, irgendwann kam raus, dass er verheiratet ist (sein Freund auch), Letzterer aber gerade mit Durchfall im Hotel rumsaß. Jedenfalls haben wir die gesamte Mittagspause reichlich Gesprächsstoff gehabt. Er ist bei der Lufthansa und leitet da irgendeinen Sicherheitsbereich.

Nach dem Essen ging es dann auch nach Hause. Alle wurden wieder an den Punkten „frei“ gelassen, an denen sie aufgelesen wurden. Sehr gut organisiert und mit 49.- Euro für den ganzen Tag wirklich günstig.

Weniger günstig war dann mein Befinden. Ich hatte einen knallheißen Kopf, also vermutlich Fieber, zitterte am ganzen Körper und konnte gestern beim besten Willen nach dem (stark reduzierten) Abendessen auch nicht mehr an die Bar, um diesen Blog weiterzuschreiben. Ich musste ins Bett, und zwar sofort. In meinem Zimmer war es leider auch eiskalt, weil das Fenster ein Stückchen aufstand. Immerhin standen 8600 Schritte auf dem Schrittzähler.

Tag vier: Gehen wir mal wieder in den Zoo!

Meine Erkältung hatte sich leider verschlimmert. Jetzt kam auch noch eine Blasenentzündung hinzu. Das bedeutete, ich musste völlig überraschend zig mal am Tag dringend auf eine Toilette.
Zunächst lief ich nach dem Frühstück mal wieder den langen Weg zur Küste runter (4500 Schritte). Diesmal habe ich eine Treppe gefunden, deren Begehung aber noch viel schmerzhafter ist als der steile Weg. Zumal fast alle Treppenstufen uneinheitliche Höhen hatten. Das mit der DIN-Norm hatte sich wohl zur Bauzeit noch nicht bis hierher rumgesprochen.

Direkt am „Hafen“ (oder wie man Bereich nennen sollte, an dem sich die Touristen rumtummeln) gibt es eine uralte Bimmelbahn, die die Besucher des Zoos mit dem schönen Namen „LORO PARK“ einsammelt und kostenlos zu den Tieren transportiert.
Nun bin ich ja eigentlich kein großer Freund von Aufbewahrungsstellen für Tiere, die in der Regel in den Zoos ein grausames Leben führen. Hier war aber alles anders. Der „LORO-PARK“ ist eine wissenschaftliche Einrichtung, in der das Leben der Tiere an allererster Stelle steht. Jährlich investieren die Inhaber 50 Millionen Euro in die Wissenschaft – und sie haben sogar schon 12 Tierarten vorm Aussterben gerettet. Der Park hat wahnsinnig viele Wege, in denen man sich gerne und oft verlaufen kann. Vor allem so lange, bis man das Prinzip der Wegweiser verstanden hat. Statt sich jedes Mal den kompletten Plan des Zoos anzusehen („Sie befinden sich HIER“), um danach einen Ausweg aus dem Labyrinth zu finden, muss man einfach nur auf die entsprechenden Tiersymbole achten, die unter den Plänen zu sehen sind und zusammen mit Richtungspfeilen tatsächlich zum Ziel führen.

Mein nicht nachlassender Drang, eine Toilette aufzusuchen, machte das Hin und Her für mich nicht leichter. Aber natürlich lockte der Park mit sagenhaften Tiershows. Die Papageien (also die „Loros“, nach denen der Park benannt wurde), habe ich mir nicht anschauen können, denn als ich den Veranstaltungsort endlich fand (das heißt, endlich den richtigen Pfeilen nachgelaufen bin), waren bereits alle Türen geschlossen, damit die Biester nicht abhauen konnten. Also weiter gelatscht, bis ich rechtzeitig zur Delfin-Show kam. Über 500 Besucher hatten einen großen Spaß mit den gut gelaunten Tieren, auch wenn ich da schon ganz andere Shows gesehen habe. Danach ging es direkt weiter zu den „ORCAS“, also den Killerwalen. Dazu hat der Zoo 2022 eine noch größere, teilweise überdachte Freilufthalle mit Platz für rund 2000 Zuschauer gebaut, in deren Riesenbecken sich vier Orcas vor allem einen Spaß daraus machten, die Besucher in den ersten Reihen nass zu spritzen.

SPOILER: Einer der Orcas ist zwei Tage später gestorben. An Depression. Sagen die Fachleute. Orcas haben wohl die Fähigkeit, ihre Existenz zu erkennen und den Tod herbeiführen. Sie stellen einfach das Atmen und Fressen ein. Selbst der schönste Zoo ist schlimmer als die Freiheit.

Inzwischen ging es mir leider auch nicht mehr so dolle. Keine Sorge, bevor ich das Essen einstelle oder zu atmen aufhöre, werden hoffentlich noch ein paar Jahre vergehen. Ich hatte das Gefühl, Fieber zu haben. Also stellte ich mich im Lora-Park nicht mehr an, um die beiden verbleibenden Shows anzuschauen, sondern fuhr mit der klapprigen Eisenbahn wieder (kostenlos) zurück ins Zentrum. Hier setze ich mich wieder in das Café von vorgestern und trank nacheinander einen Cappuccino und ein Wasser. Danach tänzelte ich vorsichtig zum nächsten Taxistand und ließ mich ins Hotel chauffieren. Hier ging es direkt ins Bett. (8625 Schritte)
Leider ging das vermeintliche Fieber nicht weg. Das Zimmer was eiskalt, die „Klimaanlage“ entpuppte sich als Ventilator für zu heiße Tage. Natürlich hatte ich keine warmen Sachen dabei, war ja Urlaub. Das Abendessen ging auch nicht an mich.
Reines Pflichtbewusstsein zwang mich dazu, die beiden letzten Tage aufzuzeichnen. Denn je länger ich damit warte, desto eher vergesse ich die wichtigen, lustigen Details.

Tja, und jetzt ist es erst 20:30 Uhr, und ich bin reif für die Heia…

Tag 5: Kreuz und quer durch Puerto de la Cruz

12 Stunden später war das Fieber weg. Die Blase hatte sich auch beruhigt, so dass einem neuen, aufregenden Ferientag nichts im Weg stand.

Schon im Bett, dann während des Frühstücks und auch noch auf dem Weg nach draußen wusste ich nicht, wie ich diesen Tag eigentlich verbringen sollte. Planlos auf Teneriffa. Typisch, was sonst. Und kaum, dass ich das Hotel verließ, kam auch noch ein Regenschauer aus dem diesmal wolkigen Himmel herunter. Also gut, noch ein Stündchen gewartet und meine Büroarbeit gemacht. Das geht heute mit jedem Handy, mit meinem ganz besonders.

So gegen halb elf traute ich mich dann auf die Straße. Meinen ursprünglichen Plan, den Mietwagen endlich aus seinem Dornröschenschlaf zu erlösen, um irgendeine andere Stadt dieser kleinen Insel mit ihren 50 bis 80 Kilometern Durchmesser heimzusuchen, wurde von mir angesichts des steilen Berges, den ich dafür hätte erklimmen müssen, sofort als indiskutabel abgelehnt. Also bin ich wieder runter gelaufen, runter an die Küste, ins Zentrum der Stadt. Natürlich habe ich jetzt beim dritten Mal aus meiner Erfahrung gelernt und wieder den steilen Fußweg anstelle der Treppen genommen.

Meine Schwester, die Ärztin, hatte mir schon am frühen Morgen ein Rezept für ein Antibiotikum geschickt, um der inzwischen nachlassenden Blasenentzündung Paroli zu bieten. Leider wollte keine der drei Apotheken, die ich deshalb aufgesucht habe, das Foto, das sie mir vom Rezept über WhatsApp geschickt hatte, als gültiges solches anerkennen. Die Mädels hinter den Tresen sprachen weder englisch noch deutsch, und mein Spanisch schien sie auch nicht zu überzeugen. Ohne in Papierform vorhandenes Rezept gibt´s keine Pillen. Basta.

Also trabte ich so vor mich hin und schaute mir die Geschäfte an. Unglaublich viele Parfümerien und Kleidergeschäfte für Frauen sowie eine Unmenge von Elektronikläden mit billigem Trödel reihten sich einander. Aus Langeweile erwarb ich eine neue Schutzhülle für das mitgeführte iPad, da die alte Hülle sich langsam auflöste. Nein, beide Hüllen waren nicht von Apple und werden im Vergleich zu dem Gerät nur ein vergleichsweise kurzes Leben haben, aber für manche Dinge bin ich einfach zu geizig.

Naturgemäß gab es hier im touristischen „Bull-Eye“ sehr viele Restaurants und Cafés, die auch alle gut besucht waren. In der Altstadt wurde beim Vorbeilaufen ein Platz in einem ansonsten gefüllten Speiselokal frei, sodass ich die Gelegenheit ergriff, dort Mittag zu essen. Hier dauerte leider alles ewig lang. Bis die Bestellung aufgenommen wurde, bis die Flasche Wasser kam, bis das Essen auf dem Tisch stand, und bis ich dann endlich bezahlen konnte. Eine gute Stunde trödelte ich da rum. Auch wenn das Essen selbst ordentlich war, erlebte ich die Zeit doppelt schmerzhaft, weil auch noch eine langhaarige Frank-Zappa-Imitation sich direkt gegenüber von mir an seiner Gitarre versuchte. Singen konnte er auch nicht.

Danach bin ich weiter durch die Gegend gelaufen. Den ganzen Weg zurück, bis zu meinem „Stammcafé“ auf der anderen Seite des Hafens. Aber – was war das? Die hatten geschlossen! In der Hochsaison an einem Mittwoch? Anscheinend gab es da ein Problem, aber ich konnte bisher nicht herausfinden, was zur Schließung geführt hatte.
Also lief ich weiter. Die Umstellung von Lederschuhen auf Turnschuhe in der Männermode war schon ein Quantensprung! Trotzdem – irgendwann war irgendwie bei mir die Luft raus, während die Luft um mich rum einen kleinen Herbststurm aufführte. Nach einer kurzen Sitzpause auf einer der vielen Bänke für uns alte Herrschaften war ich über und über mit abgestorbenen Palmenresten besudelt, die der Wind auf mir ablud. Tja und dann fing auch wieder die Blase an, sich zu regen. Leider keine Toilette weit und breit. Also schnell ins nächste Taxi und zurück ins Hotel.

Dort fragte ich dann den (ein ganz klein wenig) deutschsprechenden Portier, wo um alles in der Welt ich denn nun mein Rezept einlösen könnte. Er empfahl mir eine deutsche Apotheke ganz in der Nähe (also ca. 1km entfernt), bei dem die Einlösung des Rezeptes kein Problem sein dürfte. Zufällig stand gerade ein Taxi vor dem Hotel, das mich dort hin- und wieder zurückfuhr. Das Mädel in der „deutschen“ Apotheke sprach zwar auch nur die paar Sätze deutsch, die ich auf spanisch kann, aber als sie das Problem verstanden hatte, haben wir einfach das Bild mit dem Rezept aus meinem WhatsApp-Account auf ihren Mail-Account geschickt. Und schwupps, hatte ich für 16.98 Euro Antibiotika in der Tasche, die mir zum einen hoffentlich helfen würden und zum anderen das Trinken von Alkohol (weiterhin) untersagten.

Übrigens habe ich bisher für ALLE Leistungen oder Einkäufe, die man ja früher noch mit Bargeld bezahlte, meine AppleWatch benutzt. Ausnahmslos! Während z.B. deutsche Taxifahrer oder italienische Pizza-Kaschemmen (in Deutschland) die elektronische Bezahlung hassen wie der berühmte Teufel das Weihwasser, ist es hier in Spanien DAS angesagte Zahlungsmittel. Da musste man nie dazusagen: „Mit Karte bitte!“. Das war grundsätzlich die Zahlungsart Nummer eins. Jeder Händler/Wirt/Dienstleister lief mit so einem Mini-Maschinchen herum, das die Karten, bzw. die AppleWatch lesen konnte. Selbst alle Getränkeautomaten, die ich bisher gesehen hatte, haben dieses Zahlungsmittel akzeptiert.
Die Deutschen hier im Hotel zahlten natürlich alles mit Bargeld.

Überhaupt fällt mir noch so manches im Vergleich zu meinem Heimatland auf. Spanien scheint es derzeit, also Ende 2024, richtig gut zu gehen. Es gibt überall Personal – auch, und vor allem im Niedriglohnsektor. Die Straßen und Brücken sind sowas von im Schuss – da muss deutschen Brückenbaumeistern im Vergleich zu den heimeligen Bauwerken der Angstschweiß ausbrechen. Die Preise sind hier auf einem ganz anderen Niveau als bei uns. Benzin: 1,17 der Liter. Filetsteak mit Beilagen: 22.- Euro. Taxi: Bisher nie über 5.90 Euro bezahlt – für eine halbstündige Fahrt. OK – die Spanier haben dafür auch ein deutlich niedrigeres Einkommen als die Deutschen.

Zurück im Hotel besuchte ich zur Abwechslung mal den Garten mit dem großen Pool, denn sowas gab es hier natürlich auch. Altersmäßig fiel ich hier kaum aus dem Rahmen. Allerdings waren ohnehin nur 5 – 6 Leute am Pool. Bei einem Liter Wasser und der Lektüre der aktuellen Zeitungen auf dem iPad verging die Zeit bis zum Abendessen wie im Flug.

Und davor, danach und zwischendurch las ich immer wieder mal ein paar Seiten in einem weiteren Fitzek-Krimi, den ich noch auf meinem iPad geladen hatte.

Tag 6: Jetzt aber wirklich!


Die zehn Stunden Schlaf hatten mich wieder einigermaßen aufgebaut. Das Medikament hatte die Nacht fleißig durchgearbeitet, sodass die Entzündung sich langsam ausschlich.
Also fasste ich den Plan, heute endlich mal die Insel mit dem Auto zu erkunden!
Ein weiteres Argument war, dass ich für die kühleren Abende dringend etwas passendes zum Überziehen brauchte. Das hatte ich, wie so vieles andere, zu Hause vergessen (Powerbank, KFZ-Ladeadapter fürs iPhone, Haarwaschmittel, mehr lange Hosen etc…).
Der Portier empfahl mir ein Einkaufszentrum, dass ich zu Fuß ganz leicht erreichen könne. (Ca. 2,5 km entfernt). Ich lief dann doch lieber die 1000 Meter zu meinem Auto, dessen Parkplatz ich mir ja mehrfach beim Vorbeifahren im Taxi anschauen konnte. Das Auto war äußerlich völlig verdreckt, aber noch fahrtüchtig. Der Plan des Hotelportiers war sicher gut, aber unentzifferbar – außerdem hatte ich den Namen des Einkaufszentrums schon wieder vergessen. Nach einigen Umwegen, Nachfragen und kompletten Verirrungen fand ich ein auf dem Stadtplan vom Portier eingekringeltes Hotel. Ein supertolles Hotel, ganz oben auf einem Felsen. Aber natürlich kein Einkaufszentrum. Ich ging trotzdem rein und befragte die Empfangsdame nach einer „Shopping Mall“. Sie muss mich für bekloppt gehalten haben, denn hätte ich nicht ständig auf irgendwelche Straßenschilder, sondern einfach mal in die Luft geguckt, hätte ich es gesehen. Direkt unterhalb des Felsen lag es, das „La Ville“.

Um allerdings dorthin zu kommen, musste man schon alle Tricks dieser Erde anwenden. Denn zwischen dem Felsen und dem Zentrum lag eine Art Schnellstraße, die man nicht überqueren konnte. Mein Navi versagte völlig und wollte mich direkt über die Autobahn schicken. Quer. Das ging natürlich nicht, aber nach – ich weiß nicht, wie vielen Versuchen – kam ich irgendwann auf die andere Seite, ständig im Stop and Go-Verkehr. Denn falls ich das noch nicht geschrieben haben sollte: Das Auto ist hier auf Teneriffa der Feind des Menschen. Man kommt, wenn überhaupt, nur zentimeterweise vorwärts. Eine Taxifahrt vom Strand bis zum Hotel (Luftlinie ca. 500m) dauert mindestens 30 Minuten; ein Einkaufszentrum zu erreichen (Luftlinie ca. 2 km) ist mit einer Stunde knapp gerechnet; durch die Berge zum El Tiede fahren, gelingt nur Bussen wegen ihres größeren Volumens. Autos werden einfach zur Seite gedrückt oder runtergeschubst. (Nein, das ist nicht wahr, es kommt mir nur so vor).

Irgendwann war ich also endlich in diesem Einkaufszentrum und fand sogar sofort einen Parkplatz. „La Ville“ ist tatsächlich so groß wie eine Stadt. Ich wurde förmlich erschlagen von hunderten, wenn nicht tausenden von Geschäften, die – weihnachtlich geschmückt – auf meinen Geldbeutel lauerten. Sämtliche großen Modemarken der Welt hatten hier ihre Dependancen, alle Handyhersteller des Universums (außer Apple) boten ihren neuesten Scheiß an und nebst Myriaden von Geschäften aller anderen denkbaren Arten gab es noch einen Supermarkt, der etwa zehnmal so groß war wie der TOOM-Markt in Friedrichsdorf. (Und das ist der größte, den ich bisher kannte…)

Nach gefühlt zehn Kilometern Fußmarsch traute ich mich dann in einen Modeladen, in dem es eventuell Hosen, Jacken und Hemden gab. Nicht bedacht hatte ich, dass die Größenbezeichnungen für Kleidungsstücke EU-weit immer noch nicht harmonisiert sind. Ich hatte mir schon vor Jahren eine Notiz in meinem Handy gespeichert, auf der ich immer nachlesen konnte, welche Schuh-, Hemden-, oder Hosengröße ich habe. Das galt jedenfalls für Bad Homburg. Online habe ich selten was gekauft, weil ich da fast nie eine passende Größe erhalten habe. Nun gut, meine Hosengröße bei Jeans ist z.B. 38-30 – was auch immer das heißt. Hier im Laden hatten alle Hosen die gleiche Länge. Und die meisten haben an erster Stelle die Zahl 42 gehabt. Sie sahen trotzdem viel kleiner aus. Außerdem waren sie „SLIM LINE“, was bei meiner leicht fortentwickelten Bauchmuskulatur keine gute Voraussetzung war. Also keine Hosen. Oder doch, eine kurze Hose vielleicht. Das überaus eifrige Mädel hinter dem Tresen hatte flux ausgerechnet, dass ich eine „50“ brauchen würde, vielleicht auch eine 52. Sie holte mir eine Sonderpreishose für 19,99 Euro, die gut aussah und mit der Größe 52 ja auf jeden Fall passen würde. Ich war unsicher. Vielleicht doch lieber eine Jeans? Ohne Einheitslänge, also eine kurze? Sie rannte in das unglaublich große Lager hinter einer Seitentür und kam strahlend mit einer kurzen Jeans, Größe 50 zurück. Danach sollte ich den Krempel anprobieren. Ich bedankte mich, vertraute auf ihr Fachwissen und bezahlte ca. 50 Euro für Alles. Spoiler: ich habe die beiden Hosen dann im Hotel anprobiert. Das Sonderangebot passt vielleicht meiner 13-jährigen Nichte, aber mir wohl kaum. Dafür passten die Jeans. Fast. „50“ war schon ein bisschen zu groß, zumal der Bund elastisch war. Gut, dass ich einen Gürtel dabeihatte.

Dieser Stress in diesem Laden hat mich so genervt, dass ich nur wieder weg wollte von diesem Tempel der Luxusgüter. Ich hatte zwar kaum was gekauft, aber das war mir hier einfach zu viel Stress. Nur, wegzukommen war gar nicht so einfach. Um den Ausgang zu finden, habe ich den alten Indianertrick angewendet und bin einfach den Weg zurückgelaufen, den ich gekommen bin. Wider Erwarten hat das geklappt, aber der Ausgang des Parkgeländes war nicht zu finden! Ich fuhr bereits zum dritten Mal im Kreis, meinem Handy-Navy gehorchend. Dort, wo ich das Gelände verlassen sollte, war eine Einbahnstraße. Und dort, wo ich das Gelände gefühlsmäßig gerne verlassen hätte, gab es keine Straße. Ich habe dann bei der dritten Umrundung einen Polizisten gefragt, wie ich dem Einkaufszentrum endlich entkommen könne. Er schaute mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank, schaute auf das Handy, schaute mir in die Augen und sagte mir sinngemäß, ich solle beim Burgerking einfach rechts daneben rausfahren UND VOR ALLEM DAS HANDY WIEDER EINSTECKEN!!!!
Brav habe ich gehorcht und den Weg erneut befahren. Und tatsächlich: Ganz klein stand da rechts neben Burger King das Wort „SALIDA“ an der Wand– das spanische Wort für AUSGANG. Manchmal scheitern ganz einfache Aufgaben an fehlenden Schildern.

Gut, für weitere Einkäufe hatte ich noch Zeit. Heute war erst der sechste Tag meines zehntägigen Kurzurlaubs, von dem zwei Tage für An-und Abreise draufgingen. Und der Tag war ja noch jung. Ich wagte also die große Reise in die Weiten der Insel.

Ich hatte vor, die westlichste Stadt im Norden der Insel aufzusuchen. Den Namen habe ich gerade vergessen, weil ich sie auch gar nicht erreicht habe. Das Navi brachte mich zurück auf eine Art Autobahn, die die Küste entlang zu meinem Ziel führen sollte. Auf dem Weg passierte ich eine Tankstelle, die ich zum Auftanken des Gefährts nutzen wollte. Das Benzin kostete heute nur 1.17 Euro pro Liter, also deutlich billiger als in Deutschland, wo der Preis in diesen Tagen bei 1,67 Euro lag (E95). Blöderweise ließ sich die Abdeckung des Tankdeckels nicht öffnen. Ich suchte mich halbtot nach einem Hebel, aber ich fand ihn nicht. Glücklicherweise kam so ein Typ in Handwerkeruniform vorbei und öffnete den Verschluss. Er war schön unsichtbar schwarz auf schwarz direkt links neben dem Sitz verbaut. Der Handwerker entpuppte sich als Tankwart. Ja, tatsächlich, auch diesen Beruf gibt es hier noch. Er tankte mir die Kiste voll, zog sein Kartenlesegerät raus, und in Sekundenschnelle hatte meine AppleWatch den Bezahlvorgang übernommen.

Weiter ging die Reise. Irgendwann kam mir die Strecke sehr bekannt vor. Und richtig, ich fuhr offensichtlich denselben Weg, den ich vorgestern mit der Reisegruppe im Bus gefahren war. Ich erkannte die ganzen Besonderheiten wieder, die uns von unserer Reiseleiterin ans Herz gelegt worden waren. Auch diesmal sind sie es nicht wert, gesondert erwähnt zu werden, weil es vermutlich sowieso keinen interessiert.

Doch selbst, als ich mir sicher war, einen neuen Weg eingeschlagen zu haben, befand ich mich plötzlich wieder auf der saugefährlichen Bergstrecke von vorgestern, als es hoch zum Tiede ging. Einspurig, mit wenigen Ausweichmöglichkeiten. Aber diesmal ohne Busse! Denn die waren ja schon durch, am Morgen, neue Touristen zum Tiede schleppen. Doch dahin wollte ich ja gar nicht. Egal, ich konnte keinen anderen Weg nehmen. Es gab einfach keinen anderen. Gegen Ende der stundenlangen (!) Fahrt wurde es dann sogar wieder echt eng. Irgendwelche Deppen, die ihre Karren in den Ausweichbuchten geparkt hatten, weil sie annahmen, dass es Parkplätze seien, führten zu einem kompletten Stillstand des Verkehrs. Manche stiegen sogar aus und kraxelten um die Ecke, um herauszufinden, warum es nicht weiterging. Dadurch verzögerte sich die Weiterfahrt erneut, wenn nämlich mal wieder einer einen engen Durchgang geschafft hatte und nun Platz war für etwas Gegenverkehr. Der Stau dauerte eine gute halbe Stunde, und ich hatte die Faxen dicke. Halb im Tran fuhr ich Kilometer um Kilometer enge Kurven, bis ich endlich wieder am Meer war und über die autobahnähnliche, zweispurige Schnellstraße Richtung Hotel schleichen konnte. Schleichen, ja. Denn inzwischen hatte der Feierabendverkehr eingesetzt, mit Stop & Go als Folge. Kürzen wir es ab und kommen wir zum positiven Ende: ICH HABE ES BIS INS HOTEL GESCHAFFT! (OK, ein paarmal verfahren, aber immerhin!)
Und das Beste: Es war ein Parkplatz frei! Zwar nicht so ganz, aber wegen 20cm Halteverbot wird mir doch hoffentlich keiner das Auto wegschleppen, oder?
Zeit für Abendessen und den obligatorischen Besuch an der Bar, um diesen Blog weiterzuschreiben.
Zustand: Total fertig, müde und Bett-reif.
Morgen mach´ ich mal gar nix.

Der 7. Tag. Mal gar nix

Und so kam es. Aufgestanden um neun, nach dem Frühstück dumm im Foyer rumgesessen und überlegt, wie ich diesen Tag totkriegen könnte. Da mir auch heute nichts Sensationelles einfiel, gab ich mir einen Stoß und lief – schon zum vierten Mal – zum Touristenzentrum ans Meer runter. Ich wollte mir immer noch irgendwas kaufen, wusste aber schon nicht mehr, was und warum. Trotzdem lief ich durch diverse Modeläden, verirrte mich des Öfteren in den Abteilungen für die Mädels und kaufte mir dann tatsächlich eine Lederjacke. Sehr schick und modern und gerade noch günstig. Echt Leder. Echt. Mit Zertifikat. Ich glaube es einfach mal.

Mit der dicken Plastiktasche machte das Rumlaufen dann natürlich keinen großen Spaß mehr. Also versuchte ich mein Glück erneut in meinem neulich noch geschlossenen „Stammcafé“. Und siehe da: Es war geöffnet!!! Der Mittwoch schien also doch nur ein Ruhetag zu sein. Vielleicht hatte aber auch ein neuer Investor über Nacht das Zepter übernommen – inklusive Personal – und den Laden mit neuen, horrenden Preisen neu eröffnet? Meine Sorge, die mal wieder auf dem aktuellen Fitzek-Thriller beruhte, entbehrte jeder Grundlage. Alles gut, die Tasse Café kostete nach wie vor 2 Euro.

Danach wieder ab auf die andere Seite – in die Altstadt. Hier gab es doch sicher noch ein paar Straßen, die ich bei meinen bisherigen Exkursionen übersehen hatte? Tatsächlich fanden sich noch üble Seitenwege, die wohl mehr der Halbwelt Halt gaben. Die Kneipen waren ziemlich runtergekommen und erfreuten dadurch auch die entsprechende Klientel.

Ich selbst legte eine Pause in einem dieser Läden ein, ohne vorher mal genau hinzusehen.  Ich setzte mich vor dem Lokal an einen der vielen freien Tische und hoffte, dass die offenbar entweder bekiffte, besoffene oder volldebile Bedienung mich irgendwann mal registrieren würde. Auch nachdem ich meinen Wunsch nach einer Flasche Mineralwasser losgeworden war, passierte nichts. Nach zehn Minuten kam sie wieder zu mir und fragte, was ich trinken will. Ich wiederholte meine Bestellung, sie nickte, bis es bei ihr „Klick“ machte“ und ihr auffiel, dass ich ja längst bestellt hatte. Das Wasser kam relativ schnell. An einem anderen Tisch saßen zwei „Jungs“ der speziellen Sorte mit Volltattoo und Aggro-Look. Die Art von Jungs, der man spätestens nach 16 Uhr nicht mehr begegnen möchte. Der derzeitige Pegelstand war noch gering – es standen nur etwa 16 leere Bierflaschen vor den Beiden. Um 14.00 Uhr. Mit einem der Jungs hatte das Bedienmädel was. Sie setzte sich immer mal zwischendurch auf seinen Schoß und knutschte ein bisschen rum.
Ich war eigentlich nur hier „eingekehrt“, um auch guten Gewissens die Toilette des Lokals benutzen zu dürfen. Das hätte ich besser nicht gemacht. So viel Dreck, defekte Armaturen und fehlendes Zubehör sieht man selten.
Das Bezahlen dauerte auch ewig, weil sie es – diesmal gleich zweimal – vergessen hatte. Bis sie endlich mit der Bezahlmaschine ankam, war wieder eine Viertelstunde vergangen. Das Wasser kostete 3,- Euro. Ich bat sie, 4.- Euro einzutippen. Nach drei Fehlversuchen hatte sie das Gerät endlich im Griff. Ich hielt die Uhr dran, wartete auf den Bestätigungspiep und verzichtete auf den Beleg. Kurz nach dem Weggehen zeigte mir die Uhr an, dass 3,- Euro abgebucht wurden. Besser so.
Na ja, der Rest des Tages war (auch) nicht erwähnenswert. Fast hätte ich die 10.000-Schritte-Marke überschritten, aber kurz davor war mir das Taxi doch verlockender, das mich zum Hotel zurückbrachte. Und siehe da: Mein (ein ganz klein bisschen) falsch geparktes Auto war IMMER NOCH da! Und vor allem, war jetzt vor dem Wagen etwas Platz entstanden, weil der blöde Lieferwagen weggefahren war. Also fuhr ich das Wägelchen 20cm nach vorne und stand jetzt absolut korrekt!
Essen wie üblich, aber statt am Blog weiterzuschreiben habe ich den Abend einfach nur zum Faulenzen und Lesen genutzt…
Also mal gar nix.

Der 8. Tag. Moby Dick auf Walfang

Der Urlaub neigte sich dem Ende zu. Und mir gingen so langsam die Ideen aus, was ich hier noch anstellen könnte. Irgendwelche alten Städte mit noch so bedeutender Farbgebung des Mauerwerks interessierten mich nicht, Kirchen schon gar nicht.

Also setzte ich mich erst einmal in die Hotelrezeption und dachte nach. Ich könnte ein fünftes Mal den Weg ans Meer nehmen. Abgelehnt. Zeitverschwendung.

Ich könnte mich an oder in den Pool legen und mich von der Sonne verbrutzeln lassen. Abgelehnt. Ich mag weder Pool noch Sonnenbraten.

Ich könnte mich gleich wieder ins Bett legen und ein weiteres Buch lesen. (Den zweiten Fitzek hatte ich durch). Abgelehnt. Das kannst Du auch zuhause.

Ich könnte mein so genial geparktes Auto nehmen und in den Süden fahren. Nach langem Zögern Vorschlag angenommen.

Und so kam es, dass ich mich in den Mietwagen setzte, ins Handy-Navi „LOS CHRISTIANOS“ eingab und den Sprachbefehlen gehorchend, auf diversen Autobahnen quer durch die Insel bis nach Los Christianos fuhr. Ich kannte die Stadt, weil ich von hier aus schon zweimal die Fähre nach LA GOMERA genommen hatte, der berühmten Hippie-Insel, wo meine Freunde Christiane und Micky alljährlich ihren Jahresurlaub verbrachten. Damals landete ich auf dem südlichen Flughafen von Teneriffa, der ganz in der Nähe von Los Christianos liegt. Diesmal kam ich hoch vom Norden durch die ganze Insel gebraust. „Brausen“ ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h nicht gerade die passende Beschreibung, aber ich wunderte mich schon, wie schnell sich diese Geschwindigkeit in einem untermotorisierten Toyota anfühlt. Um zum Beispiel am Berg von 80 wieder auf 120 zu kommen, musste man viel Geduld aufbringen. Dank der oft dreispurigen Autobahn gab es aber keinerlei Stress. Vermutlich ist die Höchstgeschwindigkeit des Japaners ohnehin kaum drüber. Erstaunlich der Benzinverbrauch: Gerade mal 5,3 Liter E-95-Benzin auf 100 Kilometer zeigte der Bordcomputer an, der hier natürlich nicht fehlen durfte. Das Radio hatte sogar DAB-Empfang! (Neuartige Empfangsmöglichkeit, die UKW vor allem in der Tonqualität weit in den Schatten stellt.) Was das Auto nicht hatte, bzw. was nicht freigeschaltet war, war ein Navigationssystem. Dafür langen die Autoverleiher inzwischen gerne zusätzlich hin. Aber ich hatte ja mein Handy, das mir zuverlässig vor jeder Abzweigung Hinweise zum weiteren Vorgehen gab. Jedenfalls auf der Hinreise.

Nach rund 1,5 Stunden war ich in der Stadt angekommen. Ich lotste mich ins Zentrum, quälte mich durch ein paar einspurige Gassen und landete plötzlich an einem Strand. Leider gab es in Los Christianos ein ähnliches Problem wie in Puerto de la Cruz: KEINE PARKPLÄTZE! Und so schien es mir wie ein Wink der Lottofee, rechts zufällig einen in Kürze freiwerdenden Parkplatz zu erspähen. Der junge Fahrer hatte große Mühe, sich aus der Parklücke zu schälen, die ich lässig rückwärts einparkend im Nu besetzte.

Der Strand war riesig! Die Sonne schien mit voller Intensität, um die Urlauber nochmal so richtig voll zu brutzeln. Beim Bummeln durch die Strandpromenade hörte ich kaum deutsche Zungen – hier sprachen sie fast nur Englisch. Und nicht nur das. Hier tranken auch alle Bier. Mittags um eins. Die vielen Restaurants entlang der Strandpromenade waren voller Engländer, die offenbar schon einige Stunden dem kühlen (und billigen) Nass gefront hatten. Kein Wunder, wenn ein Bier nur einen Euro kostete – bei gleichzeitiger Abnahme von vier Bier gab es das fünfte sogar kostenlos dazu. Das Durchschnittsalter der Touristen war etwa ein Drittel so hoch wie im Norden, das Durchschnittsniveau nochmal weit drunter.

Ich saugte einen halben Liter Wasser ein und durchforstete das Internet, ob die Stadt außer Bier noch was anderes bot. Als Highlight wurde auf vielen Seiten das sogenannte „Whale-Watching“ angepriesen, also das Beobachten von Walen in ihrer natürlichen Umwelt, sprich im Meer. Die Seite war so clever programmiert, dass man direkt im Handy einen Platz auf dem Schiff buchen konnte. Abfahrt 14:30 Uhr, also in einer Stunde. Die Zahlung über PayPal (20.- Euro) klappte auch auf Anhieb, so dass ich einen guten Grund hatte, hier ganz schnell die Flatter zu machen.

Den Hafen fand ich dank Google-Maps natürlich auch ganz schnell. Ich erkannte ihn auch sofort wieder und fuhr das Auto in Richtung Fähre. Das war allerdings ein großer Fehler, denn ich wollte ja gar nicht auf die Fähre. Das Navi zeigte auch brav eine neue Gesamtzeit zum Ziel von 38 Stunden und 25 Minuten an – solange würde es dauern, wenn ich jetzt nach La Gomera und am nächsten Tag wieder zurückfahren würde.

Ich missachtete ein Dutzend Verkehrsregeln (war eh niemand da…), um wieder VOR die Einfahrt zur Fähre zu gelangen. Diesmal fand ich den PKW-Parkplatz sogar ohne Navi, einfach nur durch den Gebrauch meiner eingebauten Augen. An der Kasse zeigte man mir den Weg zum Ausflugsschiff, das nur wenige Meter entfernt abfahren würde.

Bis dahin hatte ich noch eine knappe Stunde Zeit. Also schaute ich mir (wieder mal) den Hafen an. Auch hier gibt es einen kleinen Strand mit schwarzem Sand (Vulkan!) und vielen Touristen. Heute gab es so eine Art Weinfest in der Stadt. An vielen kleinen Ständen konnte man den einheimischen Wein und leckere Leckereien kaufen. Dazu spielten diverse Bands spanische Charthits rauf und runter.

Ich trödelte eine Weile hin und her, ohne von den Weinen zu naschen und trabte dann wieder zur Anlegestelle des Walfisch-Schiffs. Das kam auch prompt und lud erst einmal die 136 Passagiere der vorherigen Tour aus. Dann durften wir neuen 136 Passagiere ebenfalls an Bord. Meine Buchung war beim Einchecken noch gar nicht eingegangen – aber ich konnte ja mein Ticket auf dem Handy vorzeigen und wurde natürlich mitgenommen.

Tja, und dann fuhren wir etwa 4 km aufs offene Meer hinaus. Die Meerestiefe betrug hier saubere 1400 Meter! Erst kamen ewig lange keine Wale, dann waren plötzlich ganz viele Walfamilien zu sehen. Hat man eine gesehen, kennt man alle. Ich habe ein paar schöne Videos machen können, aber so richtig mitreißend war das natürlich nicht, wenn man vier Tage vorher eine ganze Show mit Killerwalen gesehen hatte.

Angeblich gab es auch noch ein paar Delfine zu sehen, aber da kam ich zu spät auf die andere Seite des Schiffes – ich habe sie verpasst. Auch nicht schlimm. Also wieder zurück ans Land. Fast zwei Stunden dauerte der Ausflug, der immerhin viersprachig (perfekt!) moderiert wurde. Der Chef der Truppe war ein etwa 35-jähriger junger Deutscher, der seine Mannschaft voll im Griff hatte, wie eine zufällig aufgeschnappte Unterhaltung bestätigte.

Alls einer der Matrosen ihn ansprach und einen freien Tag haben wollte, sagte der Chef einfach nur in einem sehr rauen Befehlston, der den Lautsprecherdurchsagen überhaupt nicht mehr ähnelte: „Kommt nicht in Frage. Lies´ Deinen Vertrag!“.

Es war schon halb fünf, und ich hatte noch eine weite Reise vor mir. Ich sparte es mir diesmal, das Navi zu benutzen, weil ich den Weg zurück ja wohl sicher auch ohne Computerunterstützung finden würde.

Na ja, fast. Irgendwo bin ich vom Weg abgekommen. Bzw. hatte sich die Autobahn entschieden, woanders hinzuführen, als ich in Erinnerung hatte. Und so kam ich noch in den Genuss, mir die wunderschöne Stadt „Santa Cruz“ anzusehen, die mit „Puerto de la Cruz“ nur vier Buchstaben gemeinsam hat.

Trotz des Umwegs kam ich noch rechtzeitig zum Abendessen im Hotel an. Mein schöner Parkplatz war erwartungsgemäß weg; ich Glückskind konnte mich aber dank meiner überragenden Fahrtkünste in eine Miniaturlücke quetschen, in die sich sonst niemand getraut hatte.

Übermütig trank ich zum Essen einen Wein und später – beim Schreiben dieses Blogs – sogar einen Gin-Tonic, weil der Wein an der Bar schlicht untrinkbar war.
Meine Blase bedankte sich im Lauf der Nacht für die Reizung. Und mein Kopf am nächsten Tag ebenfalls. Mit Kopfweh vom Feinsten.

Der 9. Tag – NICHTS

Tja, so war es. Kopfweh, nervöse Blase, keine Sonne, keine Idee. Also blieb ich einfach im Hotel. Den ganzen Tag. Erkundete den Poolbereich, die „Rooftop-Bar“, las ein paar hundert Seiten in meinem Buch und machte Listen, was ich morgen, am letzten Tag, UNBEDINGT noch erledigen musste. Mittagessen ließ ich ausfallen, und abends saß ich wie üblich an der Bar – diesmal aber mit Wasser (ohne Kohlensäure!).

Der 10. Tag – Abschied

Blieb also noch der letzte Tag. Umfangreiches Frühstück – wie immer -, dann mutiger Fußmarsch an die Küste. Ich hatte mir vorgenommen, noch ein paar Dinge einzukaufen, die ich gut gebrauchen könnte. Schuhe, Polo-Hemden, Shorts und den üblichen Krempel halt. Es war nämlich BLACK FRIDAY. Eigentlich war der erst am kommenden Freitag, aber die Stadt war schon jetzt im Rabattrausch. Und die Touristen natürlich auch. Satte 30% Rabatt erhielt ich auf fast alle Sachen, die ich einkaufte (und die vermutlich vorher draufgeschlagen wurden…). In meinem „Lieblings“-Strandcafé hatte die Bedienung gewechselt, was mir leider auch nicht so recht war. Immerhin saß am Nebentisch der deutsche (sehr gute!) Schauspieler Heino Ferch. Ganz in Gelb gekleidet, unterhielt er sich mit einem Spanier in einer Mischung aus allen Sprachen, die er draufhatte. Dann besuchte er das „Bagno“, das sich direkt im Keller befand, ging dann auf die Promenade und telefonierte ein Auto herbei, das nach zwei Minuten angerauscht kam. Ob es wirklich Benno Fürmann war, kann ich nicht garantieren, aber das Foto ist ja wohl eindeutig, oder? (Fun Fact: Die Toilette war verschlossen, zum Entleeren nutzte er wohl den Blumenkübel vor den Sanitärräumen – wie schon viele andere. Wie ich zum Beispiel. Kurz vor ihm.)

Ist es Heino Ferch oder nicht?

Tja, und dann bummelte ich noch ein wenig durch die Gegend, trank irgendwo eine weitere Flasche Wasser und entschied mich spontan, den Heimweg zum Hotel diesmal OHNE Taxi zu bewältigen. Also zu Fuß. Das erste Drittel war gar nicht so schlimm; im zweiten Drittel fing ich dann schon an zu japsen, und das letzte Drittel schaffte ich nur mit eisernem Willen und vielen kleinen Pausen. Trotzdem brachte die Quälerei nur 7630 Schritte auf mein Laufkonto.

Und dann saß ich wieder mal im Hotel, hatte den ganzen Nachmittag und den Abend noch vor mir. Und auch hier ist mal wieder überhaupt nichts Besonderes passiert, außer dass es auf dem „Rooftop“ plötzlich anfing zu regnen. Es waren zwar nur ein paar Tropfen, wie üblich, aber alle flüchteten, als wäre ein Taifun im Anmarsch. Die Wettervorhersage im Fahrstuhl sagte diesen Regen für weitere drei Tage voraus – der perfekte Zeitpunkt, sich von Teneriffa zu verabschieden.

Der 11. Tag – Die Heimreise

Aufstehen um 3:30 Uhr ist schon gemein, musste aber sein, da ja mein Flug bereits um sieben Uhr morgens starten sollte. Die Koffer hatte ich schon gepackt – nach der Morgenwäsche konnte es direkt zum Flughafen gehen.
Ich zahlte meine offenen Getränke von Bar, Pool und Rooftop (Dank weitgehender Alkoholabstinenz nur 70.- Euro) und tuckerte mit meinem Toyota – OHNE NAVI! – zum Flughafen Teneriffa Nord.

Als ich um ca. 4:45 dort ankam, war der Flughafen noch geschlossen. Mit ein paar weiteren Touristen standen wir erst einmal dumm in der Kälte herum (10 Grad). Dann kam ein Angestellter, baute sich vor einer der automatischen Türen auf und machte den „Flattermann“. Er bewegte seine Arme wie Flügel, um die Elektronik der Türe aufzuwecken. Und das hat funktioniert! Die Türe öffnete sich, und der Mitarbeiter war drin. Jetzt, wo ich das Geheimnis der geheimen Tür kannte, war es kein Problem, es dem Angestellten nachzumachen. Flattermann – Tür auf – ich war drin. Alle anderen Touristen hinter mir schauten sich den Trick ab und waren auch schnell im Warmen.

Ich warf den Autoschlüssel in eine Plastikschüssel hinter dem Schalter der Mietwagenfirma „Top Car“ und suchte meinen Boarding-Schalter. Der war natürlich auch noch nicht besetzt. So gegen 5 Uhr kamen dann drei Damen, füllten ihren Arbeitsplatz mit allerlei Material und Klebebändern auf und starteten das Boarding. Ich war der erste, der drangenommen wurde und war daher ganz schnell fertig. Zu schnell, denn die Durchsuchung des Handgepäcks begann erst um halb sechs. aber auch das war irgendwann erledigt. Um viertel nach sechs konnten wir schon einsteigen. Die Maschine (wieder eine Boing 737) startete pünktlich nach Madrid.
Dort hatte ich nun leider eine sehr lange Pause, denn der Anschlussflug nach Frankfurt sollte erst um 15.10 Uhr erfolgen. Alles klappte diesmal am Schnürchen – ich hatte sogar bei beiden Flügen Gangplätze! In Frankfurt landeten wir eine halbe Stunde zu früh, worüber niemand böse war. Aber die gewonnene Zeit verloren wir wieder beim Warten auf das Gepäck, das erst EINE Stunde (!) nach der Landung an der Gepäckausgabe ankam.
Die Taxifahrt nach Bad Homburg brachte einen letzten Schock: 82,60 Euro kostete der Spaß! Ohne Trinkgeld. Ich schwor mir, nie wieder mit dem Taxi zum Flughafen zu fahren.

FAZIT: Nord-Teneriffa ist für uns etwas betagtere Menschen ein angenehmeres Reiseziel als der „wilde“ Süden. Das Wetter ist vom Feinsten, von ein paar winzigen Regentropfen abgesehen. Das Hotel „ATLANTIC EL TOPE“ hat seine vier Sterne vierdient, vor allem für die vortreffliche Küche und das überaus freundliche Personal.
Die Stadt „Puerto de la Cruz“ (wie auch alle anderen Städte auf dieser Vulkaninsel) ist für ältere Menschen, die schlecht zu Fuß sind, nur bedingt geeignet. Man kann sich zwar für die Dauer des Aufenthalts einen Elektroroller mit Sitz mieten, aber das ist eine Geldfrage.
Das Leben hier ist vergleichsweise günstiger als in Deutschland, und das Wetter ist auf jeden Fall rund um die Uhr besser als daheim.
Mal sehen, welche Insel mir in meiner Sammlung noch fehlt.

(Bilder folgen später)

Bad Homburg, den 28.11.2024





La Gomera – die Rückkehr der Hippies

„Überall wird getrommelt“.

Das ist schon mal das erste, was einem auffällt, wenn man auf der Kanareninsel La Gomera in Valle Gran Rey landet. Diese Trommelei verhindert, dass man dauernd eindöst, weil sonst so gar nichts passiert. Angie, unsere Bundeskanzlerin, ist auch gerade auf der Insel, weil sie hier wohl tatsächlich mal in Ruhe gelassen wird.

Aber wie, und vor allem wieso kommt man überhaupt hierher? Nun, nach meinem grandios gescheiterten Massentourismus-Experiment auf Gran Canaria wollte ich doch zu gerne rausfinden, was denn die anderen kanarischen Inseln so zu bieten haben. Und vor allem: Gibt es alternative Urlaubsszenarien, Urlaub mit einigermaßen Gleichgesinnten? Das Fazit vorneweg: Das gibt es. Genau hier auf La Gomera. Und man muss dazu auch keinen an der Waffel haben oder als Spät-Hippie verkleidet barfuß durch die Gassen schlurfen.

Jetzt, Anfang April 2016, ist es hier ja schon hübsch warm in der Sonne. So um die 20-22 Grad im Schatten entsprechen fast 30 Grad in der Sonne. Und diesmal fuhr ich auch nicht aufs Geradewohl in den Süden. Nein, diesmal ging alles auf Empfehlung meines Freundes Micky, der hier schon fast dreißig Mal Ferien gemacht hat – das letzte Mal erst vor vier Wochen. Und weil er ohnehin nichts Besseres zu tun hatte, kam er gleich auch wieder mit. Zusammen mit seiner Freundin, die wir hier mal Chris nennen wollen. Und natürlich zusammen mit seiner Trommel, extrem gründlich in Plastik eingewickelt und 15 Kilo schwer.

Der Condor-Flieger landete leider nicht direkt auf La Gomera, weil diese großen Kisten und die wenigen Einwohner der Insel irgendwie wirtschaftlich nicht zusammenpassen. Also fliegt man erst einmal nach Teneriffa. Im Flieger sehr entspannte Atmosphäre, die wir nicht zuletzt einer gut gelaunten Chef-Stewardess verdankten, die die üblichen Ansagen mit sehr viel eigenem Text erweiterte: „Ziehen Sie die Sauerstoffmaske erst sich selbst an, bevor Sie Ihren Ehemännern oder anderen gebrechlichen Personen helfen“.

Oder: „Schön, dass sie bis zuletzt bei uns geblieben sind. Nun warten sie bitte auch noch die paar Minuten, bis das Flugzeug irgendwo angekettet wurde, bevor Sie ihren Gurt lösen“. Das mit dem Essen hat die Condor noch nicht so gut im Griff: Als kostenlose Hauptmahlzeit gab es allen Ernstes nur eine kleine, wabblige Waffel zu essen. Dann doch lieber gar nichts!

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Pappwaffel. Absolut ungenießbar.

Der Flug begann um 12.00 Uhr in Frankfurt und endete gegen halb fünf auf Teneriffa. Dank der deutschen Sommerzeit gab es auch keine Zeitumstellung. Leider hatte die Trommel unter der Reise deutlich gelitten. Irgendein durch und durch unmusikalischer Flughafentroll hatte das Ding dermaßen aufgedotzt, dass es böse Risse bekommen hatte und überall Holzsplitter rausguckten. Micky war sauer. Und das mit Recht.

Am Flughafen von Teneriffa Süd haben wir drei uns dann ein altes Mercedes-Taxi geschnappt und sind die ca. 25 Kilometer zum Hafen gefahren. Hier hatten wir nun die Qual der Wahl. Gleich zwei Fährunternehmen buhlten hier um Passagiere, beide fuhren leider in etwa um dieselbe Zeit, also erst in zwei Stunden. Also hieß es, mal wieder zu warten. Beim Ticketerwerb zeigte sich einer der Vorteile des Älterwerdens: Statt 32.- Euro musste ich nur 25.- Euro für die Überfahrt bezahlen! Mein Alter wurde hierfür nicht etwa geschätzt (sonst hätte ich natürlich den vollen Tarif bezahlt J ), sondern mittels meines Personalausweises ermittelt. Und da steht halt so ´ne blöde Zahl drin, die mich zum alten Mann abstempelt. Bei Kaffee, Wein und Wasser ging die Wartezeit in der Hafen-Cafeteria aber schnell vorbei. Die Fähre war ein Riesenungetüm aus den 1950er-Jahren mit entsprechendem Interieur. Es passten unglaublich viele Autos und LKW hinein, von Menschen ganz zu schweigen. Natürlich wurden wir von der anderen Fähre, die nach uns startete, unterwegs eingeholt. Man kennt das ja von der Supermarktkasse.

Bis wir dann unseren Mietwagen abgeholt hatten, war es schon 20:30 Uhr. Doch wir waren noch lange nicht am Ziel. Jetzt mussten wir noch eine ca. 50 km lange Passstraße mit genau 419 engen Kurven und Serpentinen zurücklegen. Micky hatte sich bereit erklärt, den Chauffeur zu spielen, weil er die Strecke ja schon so oft gefahren war. Der einzige Weg zu irgendeinem der wenigen Dörfer auf La Gomera führt immer über den Gipfel des Vulkans, weil man keine Straße rings herum bauen kann. Na gut, man könnte das schon, aber wer soll das bezahlen? Die EU hatte schon die Renovierung der Passstraße großzügig gefördert, da muss man einfach mal dankbar sein. Ohne die Leuchtreflektoren an den Straßenrändern wären wir so manches Mal im Graben gelandet. So etwa am Gipfel des Vulkans wurden wir dann auch noch von dichtem Nebel überrascht. Chris, die immer alles weiß, wusste zu berichten, dass die Bäume den Nebel „melken“ und auf diese Weise überhaupt das Wasser nach La Gomera bringen. Wir beide hatten ziemliche Angst und mussten Micky immer wieder dazu verdonnern, langsamer zu fahren, aber letztendlich kamen wir doch heil in Valle Gran Rey an.

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Micky und Chris

Kurz vor 22:00 Uhr fanden wir dann noch ein feines Restaurant, ABRAXA, das noch geöffnet hatte. Wir waren zwar die Letzten, aber das war egal. Der deutsche Inhaber kochte uns gerne noch ein paar landestypische Leckereien. Zufällig erfuhren wir, dass RTL2 hier demnächst irgend so eine Restaurantkritik-Show drehen will. Werde ich leider nicht sehen können, da ich mir inzwischen immer noch nicht die Mühe gemacht habe, Privatsender in meinem Fernseher zu speichern. Gegen 23:30 Uhr kamen wir dann endlich an unserem Ziel an: einer kleinen Apartment-Siedlung am Fuße des Vulkans namens “Jardin Tropical“. Und das war nun wirklich eine Augenweide. Wunderbar eingerichtete Apartments mit eigener Küche, Bad und Wohnraum. Zusätzlich Sitzplätze VOR und ÜBER dem Apartment. Jede Einheit war anders gestaltet, auf verschiedenen Höhen, teilweise ineinander verschachtelt, aber trotzdem sehr privat. Fußböden aus Natursteinen, wunderschöne Designelemente, kleine Skulpturen, großzügige Dusche, ausreichend viele Schränke und Kommoden und vor allem genügend Steckdosen!

Nur leider kein WLAN.

Dieses leidige Thema verfolgt mich nun schon seit Jahren rund um die Welt. Natürlich gab es irgendwo in einer Ecke des Grundstückes ein mickriges Signal, mit dem man aber so gut wie nichts anfangen konnte. Daher musste mal wieder die Telekom mit ihren Internetpässen herhalten, bis ich am nächsten Morgen eine Lösung gefunden hatte.

TAG 2

Nach einer sehr ruhigen Nacht war ich schon um acht wieder hellwach. Es war eiskalt in meinem Zimmer. Kein Wunder. Es gab ja keine Heizung. Bei höchstens zehn Grad wäre es aber nicht die schlechteste Idee gewesen, wenigstens ein Elektroöfchen zur Verfügung zu haben. War aber nicht. Die Bedienung der Dusche war auch nicht ganz ohne. Der Warmwasser- und der Kaltwasserhahn wurden in entgegengesetzter Weise betätigt. Bis ich das raus hatte, hätte ich mich beinahe verbrüht.

Noch vor dem Frühstück habe ich dann ein paar Sprechaufträge erledigt, die am gestrigen Reisetag eingetrudelt waren. Mein mobiles Studio reist ja bekanntlich immer mit. Das Versenden über Dropbox war über das iPhone (als Hotspot) so gut wie unmöglich. Es musste eine neue SIM-Karte her, mit der ich meinen eigenen mobilen Hotspot füttern konnte. Also ab in die „Stadt“. Das Städtchen ist klein, aber fein. Überall hübsche kleine Läden, kein einziger Kettenladen, wenn man mal von einem „SPAR“-Lebensmittelgeschäft absieht. Und im einzigen Handyladen des Ortes konnte ich auch eine SIM-Karte erwerben, die inkl. 2 GB Transfervolumen nur 15.- Euro kostete. (Und natürlich nicht funktionierte, das war ja klar. Die Karte war nur zum Telefonieren zu gebrauchen. Mit „mobilen Daten“ konnte die Karte nichts anfangen.)

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Bisschen stürmig heut…

Danach lief ich weiter durch die kleinen Gassen bis vor zum Strand. Selbiger ist zwar recht steinig, bietet aber auch ein paar Stellen mit (schwarzem) Sand, wo es sich schon ein paar Urlauber gemütlich gemacht hatten. „Oben ohne“ ist hier kein Thema. Viele junge Paare – oft mit Babys – und auch alt gewordene Hippies fühlten sich offensichtlich sehr wohl im schwarzen Sand. Ich suchte erst einmal eins der vielen Cafés auf, um mit Micky, der dort vorbei lief, ein Käffchen zu verputzen. Im Nu hatten wir Kontakt zu anderen Besuchern der Insel, die ganz begeistert von diesem Fleckchen Erde waren. Sie hatten eigentlich Teneriffa gebucht und wollten nur mal schnell einen Tagesausflug nach La Gomera machen. Nun waren sie schon den zweiten Tag da und wollten überhaupt nicht mehr zurück. Olivia und Peter, so hießen die schöne Österreicherin und Ihr barhäuptiger Freund, gehörten zu dem Schlag Menschen, die einem auf den ersten Blick sympathisch sind. Schade, dass die Beiden schon um 17.00 Uhr wieder zurückfahren mussten.

Nach einem Frühstückssandwich habe ich mir dann wenigstens ein paar Flaschen Wasser fürs Zimmer gekauft, da man das Leitungswasser laut Micky nicht trinken sollte.

Der kurze, aber steile Rückweg zu unseren Apartments trieb meinen Schrittmelder wieder tüchtig nach oben. Leider würde ich aber nicht mehr lange auf meiner Uhr sehen können, wie viele Kalorien ich hier so verbrauchte: ich hatte das Ladekabel der Apple-Watch zuhause an meinem Bett liegen gelassen. Und dass ich hier in diesem Dörfchen ein solches Kabel bekommen sollte, hielt ich für absolut unwahrscheinlich. Also muss ich mir auch noch eine Uhr kaufen. (Trotzdem hat das iPhone meine Bewegungen natürlich weiter gemessen.)

 

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Sonnenuntergang mit Getrommel

Der Mittag verlief genauso ereignislos wie der Morgen: Ein bisschen rumlaufen, gucken, rumsitzen, essen, Wein trinken und eine Runde pennen. Micky und Chris waren zusätzlich noch in der Eisdiele. Ein paar Kilometer entfernt. Zu Fuß, was sonst. Man nennt das wohl URLAUB.

Als ich dann gegen 19.00 Uhr endlich aus meinem Mittagsschlaf aufwachte, besuchte ich Micky, der faul in seinem Apartment im Bett rumlag. Chris war Schwimmen gefahren – irgendwo weit weg, nur mit dem Auto erreichbar. Als wir zusammen Richtung Badestrand liefen, kam sie uns entgegen. Micky hatte seinen großen Trommel-Auftritt am Strand vor sich, und Chris wollte uns dann später zum Essen begleiten. Ich hatte meine Lederjacke im Zimmer gelassen, musste aber erkennen, dass es doch recht schnell kühl wurde. Aber eine neue Jacke (und bei der Gelegenheit eine neue Uhr) waren schnell gekauft. Auf ging es zu Mickys Auftritt!

Also TROMMELN.

Man mag nun kein großer Fan dieser der Musik zugehörenden Instrumentalkunst sein, aber hier auf La Gomera wird das Trommeln hoch geehrt. Zum einen werden die durch Schläge auf Tierfelle erzeugten Bummse vermutlich heidnischen Riten gerecht; zum anderen erfreut es den Trommler, mit seiner Präzision des Anschlags ein gewisses Aufleuchten in den meist weiblichen Fans dieser Schlagfertigkeit zu erzeugen. Außerdem bringt es den einen oder anderen Euro ein, wenn man nach erfolgtem Schlagwerk seine Mütze durch die staunende Menschenmenge schiebt und den hart verdienten Lohn einstreicht. Ein Leben im Luxus ist damit nicht drin, aber für den einen oder anderen Joint scheint es immerhin zu reichen. Sonderlich abwechslungsreich war das Konzert leider nicht. Laut Micky fehlte der Solist der Truppe, der üblicherweise sonst für die Aahs und Oohs sorgte. Einer der trommelnden Buben war auch noch in Personalunion als Feuerschlucker tätig; aber das habe ich dann verpasst.

Wir sind dann lieber was Essen gegangen. Micky hat seine Trommel vorher noch ins Apartment gebracht, weil 15 Kilo Ballast am Abend doch etwas hemmend sind. Auch das heutige Restaurant war wieder fest in deutscher – oder österreichischer – Hand. Wie überhaupt alle Läden und Restaurants, Cafés und Boutiquen von Deutschen, Österreichern oder Schweizern geführt werden. Spanier findet man in diesem Dorf (ca. 6000 Einwohner!) nur hie und da als Kellner oder Verkäuferinnen. So konnte ich mein wunderbares Spanisch so gut wie nie anwenden, weil mir grundsätzlich auf Deutsch geantwortet wurde.

Nach dem höchst vorzüglichen Essen (Ich hatte ein Filetsteak mit grünem Spargel, Kartoffelpüree, Salat und einer vorzüglichen Calvados-Soße mit zerkleinerten Nüssen für 15,90 Euro) sind wir einfach in das Lokal nebenan gezogen, in die Piano Bar. Dort trat gerade eine Jazzband auf. Ein Bassist, ein Schlagzeuger und ein Trompeter rissen das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

Und plötzlich trat Olivia ein.

Die schöne Olivia, Mitte dreißig, die eigentlich mit ihrem Freund Peter längst wieder in Teneriffa hätte sein müssen. Die beiden hatten Valle Gran Rey fristgerecht verlassen und waren auch pünktlich an der Fähre. Dummerweise hatten sie aber ihren Personalausweis nicht mitgenommen. Der lag noch gut versteckt im Kühlschrank ihres Apartments. Also blieb ihnen nichts anderes übrig als wieder zurück zu fahren und eine weitere Nacht zu buchen. Das Hallo war groß. Wir vier, also Olivia, Peter, Micky und ich hatten noch viel Spaß an der Bar. Chris war schon etwas früher schlafen gegangen.

Lange nach Mitternacht stolperten wir in unsere Bettchen. Ein schöner Tag. Und ein noch schönerer Abend.

  1. Tag

Um halb neun habe ich das erste Mal auf meine neue 9-Euro-Uhr geschaut. Eindeutig zu früh. Weitergepennt. Um halb elf dann endlich widerwillig aufgestanden. Micky hatte schon an meine Tür geklopft und gefragt, ob ich denn endlich wach wäre. Wir hatten uns am Vorabend noch locker mit Olivia und Peter am Strand zum Frühstück verabredet.

Die beiden kamen kurz nach uns, gut gelaunt wie immer. Und wie das so üblich ist, wenn man neue Menschen kennenlernt, haben wir uns gegenseitig unsere Lebensgeschichten erzählt. Aus Gründen des Datenschutzes will ich die hier nicht in den Blog schreiben, aber die beiden aus Österreich, wohnhaft am Bodensee, waren schon etwas sehr, sehr Nettes, wobei ich Olivia aus naheliegenden Gründen noch eine Portion netter fand als den Peter. Und das Wort „nett“ trifft es auch nur annähernd…

So gegen 12.00 Uhr stand schon wieder das erste Glas Weißwein auf dem Tisch. Peter nutzte die Zeit für einen Blitzbesuch beim Immobilienmakler, fand aber nichts brauchbares, und Micky brachte seine defekte Trommel zu einem Trommeldoktor irgendwo in der Nähe des Marktes. Ach ja, heute am Sonntag war ja Markt. Also sind Olivia, Peter und ich dorthin gelaufen. Jawohl, gelaufen! Einen guten Kilometer steil bergauf! Chris und Micky waren schon da. Wie nicht anders zu erwarten, kannten die beiden so gut wie jeden der Händler, die hier den üblichen handgefertigten Schmuck, selbstgeklöppelte Kinderschuhe oder rhythmische Häkelkurse für Männer anboten. Immerhin gab es auch ein Lokal, in dem es Wein gab. Eine gute Stunde später verließen wir unsere Freunde vom Bodensee unter herzlichen Umarmungen und dem gegenseitigen Versprechen, uns nicht aus den Augen zu verlieren. Ich hoffe, das klappt.

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Wein geht immer.

Micky und Chris überredeten mich, zu Fuß in einen anderen Ort zu laufen, in dem Micky auch schon einige Male gewohnt hatte. Chris wollte dort gerne ein bisschen schwimmen gehen. Dazu kam es dann doch nicht, weil die eine oder andere Pause die Pläne immer wieder veränderten. Schließlich landeten wir in einem kleinen Hafen und aßen spanische Tapas. Leider viel zu viele. Der Weißwein half, die Mengen runterzuspülen.

Weil Micky wieder zurück in das Bergdorf wollte, um seine inzwischen reparierte Trommel abzuholen, verließ ich die beiden und lief zu Fuß am Strand zurück nach Valle Grand Rey, gute drei Kilometer ohne Berge. Nach etwa der Hälfte der Strecke wurde ich von der Seite angesprochen. „Schau mal, da ist ja der Rainer!“ rief eine österreichische Stimme. Da saßen doch allen Ernstes Olivia und Peter vor einem Restaurant und schaufelten Tapas und Wein in sich rein.

„Hey, Ihr wisst aber schon, dass Eure Fähre um 19.00 Uhr losfährt und Ihr noch mindestens eine Stunde braucht, um über den Berg zu kommen?“, fragte ich. Es war inzwischen viertel nach fünf, und das Hauptgericht war noch nicht einmal da. Um drei Minuten vor halb sechs haben wir uns ein weiteres Mal verabschiedet. Ich konnte nur hoffen, dass die Beiden ihre Fähre noch rechtzeitig erreichen würden. Falls nicht, hatten wir uns schon mal prophylaktisch für den Abend verabredet. Tja, manchmal lassen Männer schöne Augen erblinden. Aber die beiden kamen leider nicht zurück. Musste wohl alles geklappt haben. Ich hoffe, dass Ihr Euch bald meldet, wenn Ihr das gelesen habt….

Der Abend endete in einem Restaurant am Strand. Micky trommelte seine Trommelungen, Chris gesellte sich später auf ein Glas Rotwein hinzu und ich hatte mal wieder Probleme mit dem Datenverkehr. Die SIM-Karte schien leer zu sein. Gegen Mitternacht ins Bett. Ich hätte mir gerne noch den aktuellen Spiegel runtergeladen, aber da ich ja internetmäßig mal wieder im Neuland war, war daran nicht zu denken.

Trotzdem war es schon wieder ein schöner Tag. 8,1 Kilometer gelaufen, meldete mein iPhone. Das übertraf meinen Promille-Wert doch um Einiges…

  1. Tag

Ein Tag, an dem in unserem kleinen Kosmos auf den Kanarischen Inseln nichts Weltbewegendes passiert ist. Morgens (also so gegen elf) erst mal Café con leche samt Sandwich verdrückt. Dann habe ich mir von Chris den Schlüssel für unseren Mietwagen geben lassen und im Nachbarort eine Inselrundreise für den nächsten Tag gebucht. Später habe ich dann unsere Vermieterin (natürlich auch eine Deutsche) getroffen und meine Restmiete bezahlt.

Billig ist es hier nicht. Das Apartment kostet ca. 70 Euro die Nacht. Auch zu zweit. Essen und Trinken gehen extra. Nix mit „all inklusive“. Das hat aber natürlich den Vorteil, dann man so nach und nach die besten Lokale findet. Das Restaurant an der Strandpromenade gehörte zum Beispiel nicht dazu. Leider hatte auch das wunderbare Lokal von gestern inzwischen abends geschlossen: Dem Chef ist blöderweise der Koch erkrankt. Nierensteine. Wir hatten quasi das letzte Essen bekommen.

So gegen drei bin ich dann mit Micky zu einem weiteren, recht einfachen Restaurant an der Strandstraße gegangen. Von hier konnte man ganz besonders schön den Sonnenuntergang verfolgen, weswegen die Plätze hier heiß begehrt waren. Ich habe mir einen Salat mit Hühnchen gegönnt, und Micky wartete auf einen Kumpel, der ihn zum Trommelunterricht abholen wollte. Man merkt, dass Micky das sehr ernst nimmt. Nach dem Unterricht war auch fast schon wieder Trommelzeit am Strand. Micky und ich konnten gerade noch einen Käseteller verdrücken. Wobei das Wort „Käseteller“ ein Bild im Kopf entstehen lässt, das mit der Wirklichkeit leider nicht übereinstimmt. Es gab nur EINE Sorte Käse (Ziegenkäse) und EIN Stück Weißbrot. Dafür schmeckte der Wein sehr gut. Während sich Micky mit seinen Buben die Finger wund trommelte, gesellte sich Chris zu mir, so dass ich das Programm nicht zum dritten Mal alleine hören musste.

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Vor meinem Apartment

Nach der Show beschlossen wir dann, noch mal „richtig“ essen zu gehen. Die Auswahl war nun schon deutlich kleiner, da auch viele Restaurants montags ihren Ruhetag hatten. Aber schließlich trauten wir uns doch noch in ein taiwanesisches Restaurant in einer Nebenstraße am Strand, wo das Essen extrem lecker war. Und billig noch dazu.

Es war dann doch schon nach 23.00 Uhr, bis wir in der La Gomera Pianobar auftauchten und uns so eine spanische Gitarren-Kapelle anhörten, die so ziemlich alles, was man mit spanischer Musik verbindet, zum Besten gab. Also auch die Gipsy Kings. Es war nicht sonderlich voll, verglichen mit Sonntag, und die Sammlung mit dem Hut hat angeblich nur 100.- Euro eingebracht. Das veranlasste den Boss Thomas (der übrigens der Ex-Mann meiner Vermieterin ist) anzukündigen, dass die Konzerte demnächst nur noch gegen Eintritt stattfinden könnten. Er könne nicht zulassen, dass die armen Musiker so schlecht bezahlt würden. Weise Entscheidung.

Wir waren mal wieder die letzten, die das Lokal verließen. Die Bedienung, sie heißt Tanja, hat mich mehrfach ganz lieb angelächelt.

Mal sehen, wer morgen spielt.

5.Tag

Die Inseltour, oder besser: Die Inseltortur. Der Bus stand wie verabredet um halb zehn unten am Strand. So nach und nach luden wir weitere Gäste aus den umliegenden Ortsteilen ein. Bis auf zwei Norweger kamen alle aus Deutschland. Das bedeutete aber, dass unsere Reiseleiterin alles zweisprachig von sich geben musste. Und die Dame redete leider wie ein Wasserfall, das Mikrophon viel zu nah vorm Mund.

Ich hatte ja jüngst schon auf Gran Canaria eine Inseltour durchgemacht und nicht viel Gutes darüber zu berichten gewusst. Viel besser wurde es auch diesmal nicht, obwohl die Straßen hier bedeutend besser ausgebaut sind. Es gab nur zwei Situationen, in denen unser Bus bei einer Begegnung mit einem anderen Bus zurücksetzen musste – sonst hatte er überall freie Fahrt. Und dass, obwohl an diesem Tag das Kreuzfahrschiff „AIDA“ angelegt hatte und zusätzliche 2000 Touristen auf den Berg spülte.
Da die ganze Insel eigentlich nur aus Bergen besteht, waren wir auch tatsächlich durchgängig im Gebirge. Und da es nur am Fuß der Berge, also z.B. in Valle Gran Rey, tropisch warm wird, hatten wir den ganzen Tag Temperaturen so um die 12-14 Grad, manchmal mit Nieselregen durchmischt. Auf der „AIDA“ hatte man die Touristen leider nicht darauf hingewiesen, und es sah schon schön dämlich aus, wie die alle in kurzen Hosen und Badelatschen durch den Regenwald kullerten.

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Blick auf Teneriffa

Das erste Ziel war eine Quelle irgendwo ziemlich weit oben, nur durch einen ca. 20-minütigen Fußmarsch erreichbar. Der Marsch wurde dann doch deutlich länger, weil unsere Plappertante jedes Blümelein am Wegesrand erklären musste, zweisprachig natürlich. Das Quellwasser wurde durch morsche Baumstämme in sieben Abfüllstellen umgeleitet. Jeder dieser Wasserspender hatte eine bestimmte Bedeutung. So dürfen Männer nur aus den ungeraden und Frauen nur aus den geraden Quellauslassungen trinken. Wenn nicht, gibt´s Pest oder kein Geld oder 100 Jahre schlechten Sex. Irgend so was halt. Ich habe vorsichtshalber nichts davon getrunken.

Ziel zwei war das Touristenbüro. Hier konnte man sich ein schönes Modell der Insel ansehen. Einmal ringsrum sind nur 98 Kilometer! Und hier gab es auch einen Eklat mit unserer Reiseleiterin. Eine der Tourteilnehmerinnen unterbrach ihren Redeschwall und bat sie, nicht dauernd so unpräzises Zeug von sich zu geben. So gäbe es kein „Weltkulturerbe“ mehr, sondern nur noch ein „Welterbe“, das die Kultur mit einschließt. Und das Geschwätz über die ganzen Pflanzen würde ihr gewaltig auf den Keks gehen. Die Getroffene jaulte auf, dass das doch alle interessant fänden – und überhaupt würde sie ja gar nicht alles sagen können, weil sie ja ständig von der Tourteilnehmerin unterbrochen würde. Da muss es also schon vorher gewaltig gekracht haben. Leider kam es dann doch nicht zum Schlammcatchen – die beiden haben sich einfach keines Blickes mehr gewürdigt.
Und dann haben sie mich vergessen. Jawohl, vergessen. Ich war kurz auf der Toilette, die ca, 100 m entfernt war und kam ca. eine Minute zu spät zum Treffpunkt zurück (weil die Toilette auch von AIDA-Reisenden besucht wurde…). Es war keiner mehr da. Eigentlich schade, weil es jetzt zum Mittagessen gehen sollte. OK, sagte ich zu mir, mach´ Dich nicht verrückt. Gehste halt solange in den Bus. Nur war der Bus leider auch nicht mehr da. Weg war er, einfach weg. Ich bin zweimal über den ganzen Parkplatz gelatscht und habe mir jeden Bus genau angesehen. Mein Bus war nicht mehr da. Nun wurde ich schon ein bisschen nervös. Wie sollte ich hier wegkommen? In einem anderen Bus mitfahren? Würde sicher nicht klappen. Taxis gab`s auch keine. Also fragte ich einen der Buschauffeure. Auf spanisch natürlich. Und so erfuhr ich, dass unser Restaurant ca. 300 Meter links vom Standort sein sollte. Also bin ich die Richtung gelaufen. Es waren zwar eher 400 Meter, aber als ich den Bus davor stehen sah, wusste ich, dass ich richtig war. Drinnen hatte man noch gar nicht bemerkt, dass ich fehlte, obwohl genau ein Platz unbesetzt war. Der Plappertante war das Ganze sehr peinlich. Vom Essen hatte ich nur eine Knoblauchpastete, die ich sowieso nicht angerührt hätte und eine inzwischen erkaltete Suppe verpasst. Zum Hauptgericht, Thunfisch mit Kartoffeln, kam ich also gerade richtig. Es gab auch Rot- oder Weißwein, den ich aber um diese Uhrzeit noch nicht trinken wollte. Nach einem typischen Nachtisch (Pudding mit „Palmhonig“) ging die Tour dann weiter. Palmhonig darf der Saft übrigens laut EU-Verordnung nicht mehr heißen, da es sich ja gar nicht um Honig handelt. Offiziell heißt er jetzt Palmsirup, was natürlich kein Mensch sagt.

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Die Beleuchtung beim Sonnenuntergang ist phänomenal.

Das nächste Ziel war die Stadt „Agolo“ in ca. 200 m Höhe. Von hier hatte man einen traumhaften Blick auf den schneebedeckten „Teide“ der Nachbarinsel Teneriffa. Das Städtchen ist wohl bekannt dafür, dass es viele original erhaltene Häuschen aus der Frühzeit La Gomeras bietet. Mir ist es vor allem dafür aufgefallen, dass es so gut wie keinen ebenen Weg gibt. Entweder geht es bergauf oder bergab. Nach der Stadtbesichtigung war ich absolut groggy.

Der Bus fuhr dann in ein weiteres Kaff, in dem wir uns mit dem Töpferhandwerk befassen sollten. Drei kleinste Töpfereien mit alten Muttchens drin sollten uns dazu bringen, hässliche Teller oder Pötte zu erwerben, die kein Mensch sich freiwillig in die Küche stellen würde. Zum Glück gab es noch eine Kneipe, in der ich mir einen Kaffee hinter die Binde gießen konnte.

Der letzte Punkt des Ausflugsprogramms fiel buchstäblich ins Wasser. Wir sollten eigentlich ein wenig durch den original Regenwald kriechen und uns dabei von unserer Quasselstrippe mit dem bayrischen Dialekt Fauna und Flora erklären lassen. Zum Glück war der Regen so stark, dass keiner aussteigen wollte.

Dann fuhr der Bus wieder zurück nach Valle Gran Rey. Auf dieser letzten Etappe erzählte uns die Dame am Mikrophon endlich die Geschichte La Gomeras, nicht ohne sich pausenlos zu entschuldigen, dass sie gar nicht genug Zeit hätte, uns alles zu erzählen. Und so konnte ich mir auch nur merken, dass die ersten Menschen ca. 3000 Jahre vor Christus auf dieser Insel gelandet sein müssen. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts war die Insel ein beliebter Treffpunkt für Hippies aus aller Welt und vor allem aus den deutschsprachigen Gebieten. Daher rührt wohl auch die Tatsache, dass die Landessprache nicht etwa spanisch, sondern deutsch ist. Dann kommt erst noch englisch, bevor man mit spanisch verstanden wird.

Als Madame sich von ihren Gästen verabschiedete, legte sie uns noch nahe, ihr und dem Busfahrer ein Trinkgeld zu geben. Merkwürdig, dass am Ende ihrer Rede nicht mal ein einziger Gast geklatscht hat. Totenstille. Und da war auch schon meine Haltestelle. Schnell raus und weg. Das war mal so gar nichts.

Ich habe mir dann schnell mal unser Auto ausgeliehen und am Automaten frisches Geld besorgt. Nicht wenig davon habe ich dann abends beim Inder wieder ausgegeben. Während Micky seinen obligatorischen Trommelauftritt absolvierte, ging ich mit Chris schon mal in die La Gomera Lounge, also die Pianobar. Dort waren wir die ersten Gäste. Aber der Laden füllte sich schnell, weil heute zwei phantastische Flamenco-Gitarristen angesagt waren. Hatte ich schon erwähnt, dass es auch eine phantastische Bedienung gab, Tanja? Ja, ich weiß, meine Leser werden es mir übelnehmen: Eben noch ein klopfendes Herz für Olivia und kaum zwei Tage später ein lüsterner Blick auf Tanja. Aber seien wir doch mal ehrlich: Das Ganze spielte sich ohnehin nur in meinem Kopf ab; die Damen waren doch längst versorgt. Und die Hoffnung schwindet zuletzt. Es ist noch nicht aller Tage Abend.

Nur DIESER Abend war vorbei. Wieder fast die Letzten gewesen.

  1. Tag

Das Dorf leerte sich. Die meisten der Touristen, die man jeden Tag wie Statisten in einem Spielfilm alle paarhundert Meter gesehen hat, waren wieder in ihre Büros zurückgeflogen. Vereinzelte Neuzugänge und auch ein deutlicher Temperatursturz konnten nicht darüber hinweglügen, dass die Saison auf La Gomera jetzt erst mal vorbei war. Seit heute zahlte ich auch keinen Saisonaufschlag für mein Apartment mehr. Der Strand war völlig verlassen, was angesichts der kühlen Temperatur und vor allem wegen des starken Windes kaum verwunderlich war. Diesen Widrigkeiten zum Trotz hatte ich mir morgens Shorts angezogen. Shorts, die ich auf Gran Canaria gekauft hatte und noch nie anprobiert hatte. Sie passten so gut, dass sie sogar ständig runterrutschten. Dem Gürtel fehlten an den entscheidenden Stellen leider ein paar Löcher. Na schön, hier fiel es wenigstens keinem auf. Schon gar nicht, wenn man an der Strandpromenade seinen Kaffee schlürfte und seine Mails checkte. Inzwischen hatte ich in fast allen Restaurants oder Cafés Wireless-Lan-Passwörter erhalten, so dass der elektronische Verkehr einwandfrei funktionierte.

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Das blieb mir zum Glück erspart…

Die Hippies waren allerdings noch da – und jetzt sah man auch, dass es ganz schön viele waren, die ihren Lebensmittelpunkt auf diese Insel verlegt hatten. Und ohne Hilfe von außen würde auch keine der Gestalten diese Insel je verlassen können. Das bisschen Geld, das sie mit dem Verkauf ihres selbstgebastelten Schnickschnacks erzielten, würde nicht einmal für die Fähre nach Teneriffa reichen. Wer braucht auch schon Freundschaftsbändchen oder bemalte Steine in nennenswerten Mengen? Verkaufen durften sie ihre Produktion nur sonntags auf dem schon erwähnten Markt. Die sonst üblichen abendlichen Stände sind auf der Insel verboten, um den einheimischen Geschäften keine Konkurrenz zu machen. Aber sie sind friedlich. Sie nerven oder betteln nicht. Sie bleiben unter sich, werfen Tücher in die Luft oder trinken Bier, für das die Kohle anscheinend immer reicht. Die Trommler gehören dann schon zu einer besser gestellten Klasse, teilweise mit eigenem Auto – wie Thorsten, der Trommellehrer von Micky. Dass Micky in diesem Jahr erstmalig mittrommeln durfte, ist eine ganz besondere Ehrung für ihn. Er wurde natürlich nicht an den Einnahmen beteiligt, hatte sich aber dennoch recht professionell in das Team eingefügt. Natürlich wurde er dabei von Thorsten unterstützt, der sich seine Trommelstunden ja auch fair bezahlen ließ.

Am Nachmittag sollte ich die beiden zum Unterricht begleiten und Thorsten dabei auf Video aufnehmen, damit Micky dann zuhause weiter üben kann. Dazu fuhren wir ca. einen Kilometer aus dem Ort hinaus, Richtung „Playa des Inglese“, den es hier natürlich auch geben musste. Dort war es so einsam, dass keiner von der Trommelei gestört wurde. Außer uns waren nur ein paar Nackedeis in den Dünen, die sich hier bei Wind und Wetter nahtlos braun brutzelten. Nach einer guten halben Stunde musste ich die Videoproduktion leider abbrechen, weil mich ein S.O.S. –Ruf eines Kunden erreichte. In einem Messevideo war versehentlich eine falsche Zahl aufgenommen worden. Da die Messe schon lief, musste schnellstens eine Korrektur her. Zum Glück hatte ich noch im Kopf, welcher französische Kollege den Text gesprochen hatte – und zum Glück schickte er mir die Aufnahme nach nur einer halben Stunde zu. Kunde glücklich, Sprecher glücklich (100.- Euro extra), ich glücklich.

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Das alltägliche Urlaubsmotto

Zum Abendessen (vor der obligatorischen Trommelshow) landeten wir wieder im Abraxas, aber auch dieses Mal wurde mir nicht klar, warum RTL2 dieses Restaurant testen will. Es war alles recht ordentlich und schmeckte lecker, aber als besonderes Gourmet-Highlight konnte man das Essen beim besten Willen nicht bezeichnen. Der erste Wein des Tages schmeckte mir gar nicht.

Der Zweite Wein in der Gomera Lounge erst recht nicht. Das lag nicht am Wein, sondern daran, dass ich völlig am Ende war. Ich war in den letzten Tagen viele Kilometer gelaufen und noch mehr Treppen gestiegen. Irgendwann macht der Körper halt nicht mehr mit. Ich habe mir noch die ersten drei Nummern einer hervorragenden polnischen Mädchenkapelle angehört, mich dann aber Richtung Heia verabschiedet. Tanja hat ganz traurig geguckt. Wahrscheinlich weniger wegen mir als wegen des verlorenen Trinkgeldes…

  1. Tag

Ab hier gibt es eigentlich keine Neuigkeiten mehr, nur noch Klatsch und Tratsch. Das Leben hat sich eingespielt. Lange schlafen, frühstücken, spätes Mittagessen am Strand, rumlaufen, Trommeln zugucken oder auch nicht, essen und Gomera Lounge. Ich habe mir leider einen schmerzhaften Muskelriss in der Schulter zugezogen, den ich derzeit nur mit Ibuprofen aus Mickys Reiseapotheke bekämpfen kann. Micky hatte am Abend Probleme mit Thorsten, der nicht zum Trommeln auftauchte. Das wäre nicht so schlimm, wenn nicht Mickys Trommel noch in seinem Wagen gewesen wäre. So musste er also erstmals ausfallen. Die anderen Trommler hatten sich wohl auch ein wenig verzankt, so dass das abendliche Spektakel von nur noch drei Leuten ausgetragen wurde. Das Wetter hatte wieder seine gewohnte Qualität erreicht, und ein weiteres Restaurant erfreute uns mit hervorragendem Essen. Pünktlich um 18.00 Uhr deutscher Zeit konnte ich den aktuellen SPIEGEL runterladen, sodass ich also auch genügend Lesestoff hatte. In der Gomera Lounge war am Abend ein Liedermacher zu hören, der vom Hauspianisten und einem der vielen Trommler unterstützt wurde. Ab 22.00 Uhr legte dann eine deutsche DJane CDs auf. Das war für mich als ehemaligen DJ eine Zumutung. Es gab nicht einen einzigen Übergang, den man als solchen hätte stehen lassen können. Nein, sie spielte alle Platten vom ersten bis zum letzten Ton, mit einer schönen Pause zwischen den Titeln. Na ja, die Musik war für das eher ältere Publikum ganz passend. Auch für Micky, der natürlich sofort auf der Tanzfläche stand und hüpfte. Habe Tanja gefragt, ob sie am Sonntag, also ihrem freien Tag, mit uns essen gehen wollte. Wollte sie nicht; die Oma wäre zu Besuch. Die Antwort kam so aus der Pistole geschossen, dass man davon ausgehen kann, dass dies ihre Standard-Antwort für Typen wie mich ist. Um halb eins hatte ich genug von Wein, Weib und Gesang und ging mit vorsichtigen Schritten nach Hause. Micky tanzte immer noch, derweil auf spanische Flamencomusik.

  1. Tag

Samstag. Mit schrecklichen Schmerzen in der Schulter aufgewacht. Weitere Ibuprofens eingeworfen. So gegen 16.00 Uhr wurde es dann besser. Sonst war nichts los. Rumsitzen, rumlaufen, Rum trinken. Nee, Gin Tonic war´s. Micky hat seine Trommel wiederbekommen und gleich ein weiteres Gastspiel gegeben. Diesmal waren sie nur noch zu zweit. Dann kam uns Tanja entgegen, völlig verkatert. Sie muss am gestrigen Abend noch reichlich viel getrunken haben. In diesem Zustand konnte sie auch nicht arbeiten. Die Gomera Lounge musste am Abend ohne sie auskommen. Ich auch.
Zum Abendessen haben wir uns mit Johann und Silke getroffen, die beide auch in unserer Apartmentanlage wohnen. Johann sieht aus wie Richard Gere, hat einen Lehrstuhl an der Uni in Brandenburg und saniert Firmen. Das heißt, er lässt sich dort in den Vorstand berufen und saniert dann 3 – 5 Jahre rum, bis aus den schwächelnden Firmen wieder gewinnbringende Juwelen geworden sind. Wenn er dieses Ziel erreicht hat, sucht sich das nächste Ziel. Das Ganze ist eine solide WinWin-Situation. Nur fehlt ihm mittlerweile (er ist 55) etwas die Puste, täglich um die Welt zu jetten. Johann wohnt am Bodensee. Ein beeindruckender Mann, ohne Frage.

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Sooo kan man auch essen…

Um 23.00 Uhr war dann wieder Disco angesagt. In der Gomera Lounge spielte heute eine sehr witzige Band mit einer süßen Sängerin, die allerdings etwas schrill sang. Micky tanzte mal wieder durchgehend, teilweise sogar mit Chris, die aber bald nach Hause ging. So wie sie das jeden Abend machte. Als Bedienung war heute eine hübsche Spanierin hinter der Theke, die ich auch schon die anderen Tage lieb begrüßt und verabschiedet hatte. Als ich ihr sagte, dass dies mein letzter Tag in der Lounge wäre, war sie sichtlich traurig und hat mich nochmal herzlich umarmt. Irgendwie kam ich mit den Bewohnern des Ortes wunderbar klar. Auch die meisten der Besucher unterschieden sich grundlegend von der Belegung eines All-Inklusive-Hotels wie z.B. neulich in Las Palomas. Viele Künstler, auch Lebenskünstler, interessante Biografien, kluge Meinungen, spannende Diskussionen und und und. Irgendwie erinnerte mich der Ort ein kleines bisschen an Ao Sane auf Phuket, nur viel sauberer und luxuriöser. So gegen eins ins Bett.

  1. Tag

Der letzte Tag vor der Rückreise war angebrochen. Frühstück wie immer in der kleinen Dulceria am Strand, dann ein weiterer Besuch des Marktes. Inzwischen kannte ich ja die meisten der Händler (die alle auch als Trommler tätig waren) und konnte mich entsprechend frei bewegen. Und plötzlich sah ich Tanja. Sie war nicht allein. Ob Ihr es glaubt oder nicht, sie hatte ihre Oma dabei. Ich hatte ihr also Unrecht getan. Falls Du das jemals liest, liebe Tanja, bitte ich Dich hiermit um Verzeihung, Dir eine Ausrede unterstellt zu haben, um nicht mit uns essen zu gehen. Leider kam ich gar nicht dazu, mit den Beiden ein paar Worte zu reden, da Chris dringend etwas essen wollte und wir alle zusammen dann zu einem traumhaften Restaurant im alten Dorf gefahren sind, das einige hundert Meter höher lag. Chris und ich sind gefahren, Micky ist natürlich gelaufen. Ich bin aber nach dem Essen immerhin den kompletten Heimweg selbst zu Fuß gegangen! Insgesamt heute schon wieder fast 8 Kilometer! Danach ein wenig gefaulenzt und am Strand ein paar Tassen Kaffee getrunken. Micky hatte seinen üblichen, auch diesmal reduzierten Trommelauftritt. Unser Abschiedsessen fand dann wieder beim Inder statt. Leider war der Wein schauderhaft und warm. Das Essen war sehr fettig und roch unangenehm. Wir waren die einzigen Gäste, wenn man von den Besitzern des Lokals, zwei blonden deutschen älteren Damen, mal absah. Angesichts der bevorstehenden Abreise früh ins Bett.

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Die Fassade der Strandpromenade

Nein, nicht ganz so früh wie geplant: Als ich zur Sicherheit noch einmal mein Flugticket kontrollierte, war mir klar, was ich falsch gemacht hatte. Der Flieger sollte um 16:15 Uhr starten. Das stimmte. Aber nicht morgen, sondern heute!!!!

Ich war einen ganzen Tag zu lange in Valle Gran Rey geblieben! Zitternd rief ich bei der Condor an und fragte, ob man den Flug umbuchen könne. Konnte man natürlich nicht, aber man bot mir einen Ersatzflug am nächsten Tag um 16:15 Uhr an. Kostete „nur“ 260.- Euro. So gesehen, war der letzte Tag auf La Gomera auch mein teuerster. Jedes Mal, wenn ich nachts aufwachte und daran dachte, wie blöd jemand sein muss, sein Flugzeug zu verpassen, ging mein Puls auf 180. „Rainer“ ist ab sofort die kleinste Deppeneinheit.

Wahrscheinlich muss ich auch noch einen weiteren Tag im Apartment bezahlen, falls die Besitzerin das irgendwie mitbekommen sollte. Da sie aber am Freitag nach Thailand geflogen war, konnte ich dieses Risiko vernachlässigen.

  1. Tag

Pünktlich um 8:45 Uhr aufgestanden und das Apartment geräumt. Micky fuhr mich freundlicherweise quer über die Insel zum Hafen, von wo mich die Fähre nach Teneriffa rüberbringen würde. Ich gehe mal davon aus, dass die Rückreise auch wieder etwa 12 Stunden dauert. Sollte noch etwas Bedeutendes passieren, trage ich es später nach. Vorerst endet hier der Reisebericht. Die Bilder kommen im Laufe der Woche.

 

FAZIT:
La Gomera, und vor allem Valle Gran Rey ist großartig! Ein kleines verspieltes Kaff mit netten Lokalen, sehr netten und freundlichen Menschen, toller Architektur, prima Wetter, tollem Strand und gerade so viel Abwechslung, dass man wirklich das Gefühl hat, sich im Urlaub zu befinden. Nächstes Jahr will ich wieder hin. Hoffentlich kommt jemand mit. Es lohnt sich, und zwar nicht nur wegen mir …